Bregenz – 1986 musste das Kindergartenkind Daniel Buck zwischen Lustenau und dem Kindergarten in Bregenz pendeln. 34 Kilometer täglich. In der Heimatgemeinde gab es für den behinderten Buben keinen Kindiplatz. Ingrid Buck, Daniels Mama, erinnert sich an den Bregenzer Kindergartenalltag: "Rechts war die Kindergartengruppe für die Behinderten, links waren die 'normalen' Gruppen. Daniel ging immer links hinein."

Das Kind habe ihr den Weg gezeigt, schreibt Ingrid Buck in dem Buch "Mitten im Leben", das zur 25-Jahr-Feier des Vereins "Integration Vorarlberg" erschienen ist. Buck war die Gründungsobfrau und schuf mit hartnäckigen Eltern und engagierten Pädagoginnen die Basis für Integration in Vorarlberg. Heute sind 242 Kinder mit besonderen Bedürfnissen in 137 Kindergartengruppen integriert. An Volksschulen werden 269 Integrationsklassen geführt, an Mittelschulen sind es 195.

Beharrliche Eltern

Erreicht habe der Verein die Veränderung durch "kontinuierliche und beharrliche Überzeugungsarbeit", sagt die heutige Obfrau Claudia Niedermair. Nun arbeite man an der Inklusion, dem selbstverständlichen Zusammenleben aller Menschen unabhängig von Beeinträchtigungen, Herkunft, Sprache und Kultur. Angelika Peböck-Spiegel formuliert stellvertretend für die Eltern einen Herzenswunsch: "Die Teilhabe unserer Kinder soll selbstverständlich sein, wir möchten nicht mehr darum kämpfen müssen."

Zur 25-Jahr-Feier am Donnerstagabend holte sich der Verein Jutta Schöler, Berliner Doyenne der Integrationsbewegung, zum Festvortrag. Die zweifache Großmutter kämpft seit Jahrzehnten für Integration und Inklusion. Zuerst als Pädagogin, dann als Wissenschafterin und Sachverständige. Schöler erklärte den Unterschied von Integration und Inklusion: "Integration wird genehmigt oder nicht, Inklusion ist die Selbstverständlichkeit des Zusammenseins, keine Gnade."

Sonderschule Gymnasium

Die richtige Schule für Inklusion sei die Gesamtschule, sagte die Erziehungswissenschafterin. Eine Schule ohne Kinder mit besonderen Erschwernissen sei keine normale Schule. "So gesehen ist das Gymnasium eine Sonderschule." Schulen, die gemeinsames Lernen ablehnen, brächten nichtbehinderte Kinder um die Möglichkeit, soziales Verantwortungsbewusstsein zu erlernen.

Der Verein "Integration Vorarlberg" verspürt nach 25 Jahren weniger Widerstand, selbstverständlich sei der inklusive Weg aber noch nicht. Niedermair: "Deshalb ist unser Verein heute so wichtig wie vor 25 Jahren." (Jutta Berger, derStandard.at, 24.10.2014)