Königswarte bei Hainburg

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Österreichisches Territorium spielt in der weltweiten Überwachungsstrategie des US-Geheimdienstes NSA eine nicht unwesentliche Rolle. Dieser Meinung ist der Wiener Aufdeckerjournalist Erich Möchel. Die APA sprach mit ihm am Rande des zehnten Elevate-Festivals in Graz.

"Gute alte Direktspionage-Methoden"

"Österreich ist für die NSA ein Sonderfall", sagt Möchel und nennt dafür mehrere Gründe. Wien sei in seiner Eigenschaft als UNO-Standort sowie als Sitz von IAEO und OSZE "die Stadt mit der höchsten Diplomatendichte in Europa". Deshalb konzentrierten sich die US-Geheimdienste ´dort vor allem auf gezieltes Abhören von hochrangigen Personen. Die US-Agenten wendete dabei "gute alte Direktspionage-Methoden" an – wie das Abzapfen von Handys, das Verwanzen von Räumen oder das sogenannte GSM-Mapping (Ortung des physischen Standortes von elektronischen Geräten).

Zur Installation und zur Wartung derartiger Infrastruktur gebe es bei der NSA sogar eine eigene Abteilung, das sogenannte "Tailored Access Office" ( Büro für maßgeschneiderten Zugriff). Dieses entsende "Technikerteams, die anlassbezogen reisen und zum Beispiel Router manipulieren", verweist Möchel auf Enthüllungen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden.

"Einfach alles, was über Satellit lauft."

Auf der Königswarte bei Hainburg befinde sich zudem die bei weitem mächtigste Satelliten-Abhörstation in Europa. "Die Königswarte hat fast die dreifache Kapazität von Bad Aibling (Bayern), so der Journalist. Von der Königswarte aus könnten die US-Geheimdienste via zivile Satelliten nicht nur jeglichen satellitengebundenen Datenverkehr aus Österreich und den östlichen Nachbarstaaten abhören, sondern auch die weltweite Kommunikation auf Schiffen, UNO-Truppen oder Erdölfelder: "Einfach alles, was über Satellit lauft."

Die glasfasergebundene Massenüberwachung von Telefon- und Internetdaten aus Österreich geschehe hingegen "aus praktischen Gründen" auf anderen Wegen und in anderen Ländern. Dafür würden vor allem ein Knoten in Frankfurt am Main (Deutschland) und Hochleistungskabel in italienischen Gewässern genutzt. Diese Infrastruktur befände sich typischerweise in NATO-Mitgliedsstaaten, wo die legalen Möglichkeiten, militärische Infrastruktur heranzuziehen gegeben seien. Österreich, wo die gegen andere Länder, also nicht gegen die Republik gerichtete Spionage für die USA legal sei, verfüge über eine "zu verästelte" Glasfaser-Infrastruktur.

"Ihre Handys funktionierten auf einmal nicht mehr"

Ganz neue Erkenntnisse habe er in Graz nicht im Gepäck, so der ORF-Journalist. Möchel hatte bereits im September veröffentlicht, dass sich der von Snowden erwähnte "Vienna Annex" in der US-Botschaft bei den Vereinten Nationen in Wien im IZD-Tower befinden müsse. (s. Service-Link unten). Die US-Vertretung belege derzeit die obersten drei Stockwerke im IZD- Wolkenkratzer im 22. Wiener Gemeindebezirk."Die haben die Mieter unter sich systematisch hinausgeekelt", meint Möchel. Und Wie? "Ihre Handys funktionierten auf einmal nicht mehr", schmunzelt der Journalist.

Am Freitag nahm Möchel im Rahmen des international besetzten "Festivals für Musik, Kunst und politischen Diskurs" an einer Podiumsdiskussion im Grazer Forum Stadtpark teil. Das Festival dauert noch bis Sonntag. (APA, 25.10. 2014)