Allzweckmittel für den Gärtner ist der Blumendraht.

Illustration: Dennis Eriksson

In den Augen von "La Tochter" ist der Gartler naturgemäß uncool. Wäre er das nicht, müsste er sich Gedanken zu seiner Lebensform machen. La Tochter ist sieben Jahre alt. Und La Tochter ist naturgemäß cool. Das erkennt man daran, dass sie circa 17 selbstgebastelte Gummiarmbänder am Handgelenk trägt.

So ähnlich hatte das einst Morten Harket, Sänger des Hitwunders A-ha, in den späten 1980er-Jahren mit Lederbandeln gemacht. So machen es heute noch Anbiederpolitiker mit Brojanicas, Wohnungsmakler mit Freundschaftsbändern und Tennistrainer mit Fitnessbändern. Der Gartler ist da gar nicht so weit weg, auch wenn er ein wenig entrückt wirken mag. Denn auch er hat etwas um sein Handgelenk gebunden, nämlich Blumendraht.

Nichts, rein gar nichts auf dieser Welt zwischen Scholle und Blütenkelch ist so wertvoll wie der grüne Blumendraht. Er kann alles, mit ihm kann man alles - er ist das Gafferband der Gartlerinnen und Gärtner von heute. Am besten kauft man dieses Allzweckwunder in der dicken, großen Rolle. Denn ist der Gartler erst auf den Geschmack gekommen, braucht er mächtig viel davon.

Stütze und Lasso

Der grüne Draht funktioniert ideal als Stütze. Wenn eine Pflanze aus der Form fällt, was gerade Hortensien oder Malven gerne einmal tun, dann hilft er. Einem Lasso ähnlich umschlingt man die gesamte Pflanze mit Draht, bindet ihn ab und schiebt ihn so weit die Pflanze hinauf, bis sie wieder ihre schlanke Form eingenommen hat. Das Grün lässt den Draht optisch verschwinden.

Wenn im Frühjahr die Forsythien ihre langen Triebe ungeordnet herumstehen lassen, dann hilft Blumendraht. Wenn die Rose "Schneewittchen", als Hochstamm gezogen, zu kippen droht, dann hilft Blumendraht. Und wenn im Hochsommer gewaltige Sonnenblumen sich zu neigen drohen, dann hilft auch Blumendraht. Man verbindet sämtliche Sonnenblumen per Draht und spannt diesen an einen fest in der Erde versenkten Pflock - schon stehen die Pflanzen wieder habt acht. Auch schwere Paradeisertriebe finden wieder Halt, wenn sie mehrfach vom Draht umschlungen am Zaun fixiert werden.

Pergolabögen basteln

Die meterlangen Philadelphustriebe kann man per Draht zu schönen Pergolabögen herabziehen, indem man an einem Ende des Drahts einen schweren Stein anbindet und das andere Ende an der Triebspitze fixiert. Das Gewicht des Steins zieht den Trieb bogenförmig herab, die neuen und damit blühenden Triebe des kommenden Jahres werden perfekt in Szene gesetzt. Und wenn ein Trieb einer Lieblingsblume einmal gebrochen ist, so kann man den Draht einer Schiene gleich spiralig um die Bruchstelle wickeln und so wieder zu einer aufrechten Haltung bringen.

Deswegen, und nicht wegen der Coolness, tragen Gartler und Gärtnerin grüne Armbänder. (Gregor Fauma, Rondo, DER STANDARD, 31.10.2014)