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Saudi-Arabien ersteigerte um 13,4 Millionen Euro das Palais Sturany.

Foto: apa/neubauer

Wien - Um das Palais Sturany am Wiener Schottenring, den Sitz des umstrittenen König-Abdullah-Zentrums für Interkulturellen und Interreligiösen Dialog (KAICIID), hatten sich in einem "versteigerungsähnlichen Bieterverfahren" bei der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) nach der Angebotsfrist am 27. Mai 2011 sechs Interessenten bemüht. Der Ausrufungspreis lag bei 8,53 Millionen Euro, als Meistbieter wurde schließlich das Königreich Saudi-Arabien ermittelt.

Das saudische Gebot lag bei 13,4 Millionen Euro, das zweithöchste kam auf 13,3 Millionen, wie DER STANDARD von der BIG erfuhr. Um nur 100.000 Euro hatte das Königreich also seinen Konkurrenten ausgebootet. Am 7. Juni 2011 erhielt es den Zuschlag für die Liegenschaft.

Steuerbefreiung vor Kauf

Für die Republik wäre es allerdings vermutlich günstiger gewesen, den Zweitbieter zum Zug kommen zu lassen. Denn das Königreich ersparte sich beim Kauf Grunderwerbsteuer und Grundbucheintragungsgebühr und ist auch in weitere Folge von der Grundsteuer befreit. Spannend in diesem Zusammenhang ist eine Sachverhaltsdarstellung, die die Initiative "Religion ist Privatsache" Ende 2012 bei der Staatsanwaltschaft einbrachte.

Demnach hat das Außenministerium, damals geführt von Michael Spindelegger (ÖVP), bereits am 29. April 2011 der Botschaft des Königsreichs bestätigt, dass der Erwerb der Liegenschaft zur Verwendung durch das "König-Abdullah-Zentrum für den Dialog der Religionen und Zivilisation in Wien" von der Grunderwerbsteuer, der Grundbucheintragungsgebühr und der jährlichen Grundsteuer befreit sein werde – einen Monat vor Ende der Anbotsfrist und lange bevor das Parlament einem Staatsvertrag für das KAICIID zustimmte. Die entsprechende Amtsbestätigung aus dem Außenministerium liegt dem STANDARD vor.

Der Zusage einer Steuerbefreiung soll bereits zwei Wochen zuvor eine Verbalnote der saudischen Botschaft vorangegangen sein, in der das Außenministerium um eine Bestätigung steuerlicher Ausnahmen und der Gegenseitigkeit ersucht wurde.

Keine Rechtsgrundlage

Eytan Reif, Sprecher der Initiative "Religion ist Privatsache", stellt die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage diese Steuerbefreiung gewährt wurde. Laut Grunderwerbsteuergesetz sind Erwerbe "eines Grundstücks durch einen fremden Staat für Zwecke seiner ausländischen Vertretungsbehörden, soweit Gegenseitigkeit gewährleistet ist", von der Grunderwerbsteuer ausgenommen. "Beim König-Abdullah-Zentrum handelt es sich jedoch keinesfalls um eine konsularische Vertretung", so Reif.

Wolfgang Renzl, rechtlicher Vertreter der Initiative, erklärt im Gespräch mit dem STANDARD: "Zum Zeitpunkt der Steuerbefreiung war klar, dass der saudi-arabische Staat das Objekt für das Dialogzentrum und nicht zum Zwecke eine Vertretungsbehörde nutzen will. Der grundsteuererwerbliche Befreiungstatbestand lag somit nicht vor."

Völkerrechtspersönlichkeit erst seit Sommer 2012

Das Parlament genehmigte das Übereinkommen für das König-Abdullah-Zentrum erst am 6. Juli 2012. Zugleich wurde damals auch beschlossen, dass das Zentrum eine Organisation mit Völkerrechtspersönlichkeit werden solle.

Renzl: "Um die Befreiungen von der Grunderwerbsteuer zu legitimieren, müsste das Palais dem König-Abdullah-Zentrum mit seinen Teilnehmerstaaten Österreich, Spanien und Saudi-Arabien und nicht dem Königreich Saudi-Arabien gehören." Laut Renzl sind dem Staat durch die Steuerbefreiung beim Erwerb des Objekts rund 700.000 Euro entgangen, hinzu kommt der Entfall der jährlichen Grundsteuer.

Staatsanwaltschaft verfolgt Fall nicht weiter

Dass die Staatsanwaltschaft die Sachverhaltsdarstellung, lautend auf "Verdacht des Amtsmissbrauchs durch unbekannte Täter aus dem Umfeld des Ministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten", nicht weiterverfolgt, bezeichnet Renzl als "unverständlich".

Verfassungsrechtler Funk: "Völkerrechtliche Gepflogenheit"

Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk stützt im Gespräch mit dem STANDARD die Entscheidung der Staatsanwaltschaft: "Ich sehe nichts, was den völkerrechtlichen Gepflogenheiten widersprechen würde." Wenn es aus heutiger Sicht Kritik gebe, "dann die Aufrechterhaltung der Tätigkeit des Zentrums und die Beibehaltung des völkerrechtlichen Vertrages, den man ändern könnte". Für den Entzug des völkerrechtlichen Sonderstatus wäre ein Beschluss im Nationalrat nötig.

Aus dem Außenministerium heißt es auf STANDARD-Anfrage, die Steuerbefreiung wurde vorab geprüft und sei durch die Wiener Diplomatenkonvention gedeckt.

Die Regierung hat sich diese Woche im Ministerrat darauf verständigt, lediglich den Gründungsvertrag, der 2012 von den Teilnehmerstaaten Österreich, Spanien und Saudi-Arabien unterzeichnet wurde und der bis 2015 läuft, prüfen zu lassen. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) stellte die Frage, ob die ursprünglichen Ziele wie der interreligiöse Dialog überhaupt eingehalten wurden. Auch Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) fand wenige lobende Worte. Seitens des Zentrums habe es nicht sehr viele Initiativen gegeben, die positiv hervorzuheben seien, sagte Kurz.

Laut einem Bericht der Tageszeitung "Die Presse" soll sich der Generalsekretär des KAICIID bei Kurz bereits über den mangelnden Rückhalt Österreichs für das Zentrum beschwert haben. (Katrin Burgstaller, derStandard.at, 30.10.2014)