Die Österreicher ließen im Vorjahr rund 510 Millionen Euro guten Zwecken zukommen. Am liebsten wird für Kinder und Tiere gespendet.

Foto: STANDARD/Corn

Wien - Kinder und Tiere kommen in Österreich am häufigsten in den Genuss von Spenden. Deutlich abgeschlagen in der Gunst der Wohltäter rangieren Obdachlose, in den Kampf gegen den Hunger in der Welt fließen lediglich 13 Prozent der privaten finanziellen Hilfen. Und so gerne die Österreicher ehrenamtlich aktiv sind, bei der Unterstützung von Fremden wird zumeist dann doch gespart. Das offenbaren Umfragen der Marktforscher Gallup und Public Opinion.

510 Millionen Euro ließen die Österreicher im Vorjahr wohltätigen Zwecken zukommen, geht aus dem jüngsten Spendenbericht des Fundraising Verband hervor. Die Steigerung von zwei Prozent im Vergleich zu 2012 liegt jedoch nur knapp über der Inflationsrate, und im internationalen Vergleich bleiben die Österreicher knausrig.

60 Euro stellt ein Einwohner im Schnitt im Jahr in den Dienst guter Projekte. Die Deutschen geben dafür fast 87 Euro aus. In der Schweiz liegt die Höhe der einzelnen Spende bei knapp 161 Euro. Auf 174 Euro kommt ein Brite und auf mehr als 744 Euro ein Amerikaner - Zuwendungen an die Kirche sind in den Zahlen der USA allerdings inkludiert.

Seltene Großspender

Ein besseres Licht auf die Österreicher als ihre im Vergleich bescheidenen Beträge wirft die generelle Spendenbereitschaft. So öffnen 63 Prozent ihr Herz und Konto für gemeinnützige Zwecke. Es sind vor allem Menschen aus schwächeren Einkommensschichten, die die Bilanz retten. Großspender hingegen sind rar.

Unternehmen sorgen in Österreich für zehn bis 20 Prozent des Spendenaufkommens: Sie lassen im Schnitt mit maximal 2500 Euro Gutes tun. Drei Viertel konzentrieren dies aber auf ihr regionales Lebensumfeld, erhob eine aktuelle Studie des Marktforschers GfK.

Viel Luft nach oben gibt es hierzulande bei gemeinnützigen Privatstiftungen. Allein 205 sind es, jährlich schütten sie nicht mehr als 25 Millionen Euro für entsprechende Projekte aus. Berechnungen der Wiener Wirtschaftsuni zufolge ist es in Deutschland 500-mal so viel, was auf bessere steuerliche Rahmenbedingungen für Stiftungen zurückzuführen ist.

Auch österreichische Millionäre wie die Unternehmer Heidi Horten und Peter Pühringer sind mit ihren gemeinnützigen Stiftungen lieber von der Schweiz aus wohltätig. Letztlich verliere Österreich durch steuerliche Nachteile viel soziales Engagement ans Ausland, klagt Günther Lutschinger, Geschäftsführer des Fundraising Verband.

Geringe Steuerausfälle

Seit 2009 sind Spenden in Österreich an mildtätige Organisationen großzügig von der Steuer absetzbar. Das Spendenaufkommen stieg durch den Anreiz in den darauffolgenden drei Jahren inflationsbereinigt um 30 Prozent. Das Finanzministerium sah sich zugleich freilich um Steuern in Höhe von bis zu 100 Millionen Euro gebracht - Befürchtungen, die sich bisher nicht bewahrheiteten.

2012 beliefen sich die zusätzlichen Kosten der Spendenabsetzbarkeit auf 41 Millionen Euro. Neuere empirische Daten liegen dem Finanzministerium vor und sollen demnächst veröffentlicht werden, weiß Christian Schober, Experte für Non-Profit-Organisationen der Wirtschaftsuni. Fix sei: Der positive Effekt überwog auch in den vergangenen Jahren.

Für Klaus Hübner, den Präsidenten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, stellt sich im Gespräch mit dem STANDARD die Frage, was der Staat in Zeiten wie diesen noch alles mitfinanzieren müsse. "Ja, das Ganze kostet uns Steuergeld. Aber bleibt es deutlich unter 100 Millionen Euro, ist es, wie ich glaube, vertretbar."

Fehlende Kontrollmechanismen

Was illustre alkoholgetränkte Charity-Veranstaltungen betrifft, die rund um Weihnachten Hochsaison haben, hält sich Lutschingers Begeisterung dafür in Grenzen. Kritiker bemängeln undurchsichtige Abrechnungen und fehlende Kontrollmechanismen. Mitunter stünden die Kosten in zweifelhafter Relation zum karitativen Erlös. Wichtig sei, sagt Lutschinger, dass auch kleinere Veranstaltungen transparenter werden. "Alle Instrumente dafür sind da." Für eine Sache des Staates, sich in private Sammlungen weiter einzumischen, hält es Schober aber nicht: Ob und wie viel man bereit sei, auf diesen Wegen springen zu lassen, obliege dem Einzelnen.

Ein neuer Spendenguide soll Unternehmen Wegweiser durch den karitativen Dschungel sein. So kontrollieren Wirtschaftsprüfer das Gebaren von 233 Organisationen in Österreich und versahen sie mit einem Spendengütesiegel.

Generell mögen es die Österreicher bei ihrer Wohltätigkeit am liebsten traditionell. Der Großteil spendet über Erlagscheine und per Brief. Via SMS floss im Vorjahr nur rund eine Million Euro an finanzieller Hilfe. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 30.10.2014)