Auf der Bahn ist Hans Plajer in Österreich fast konkurrenzlos.

Foto: www.klc.at

Klagenfurt / New York - Um Zeit geht es nicht. Schon lange nicht mehr. Aber um das Dabeisein. "Einmal noch", sagt Hans Plajer, möchte er einen Marathon laufen. Nicht einfach irgendeinen. Am Sonntag wird er in New York starten. "Die Atmosphäre ist einzigartig. Das kannst du mit keinem anderen Lauf auf der Welt vergleichen. Die Menschenmassen tragen dich dort ins Ziel. Du schwebst förmlich."

Dass die New Yorker Plajer ganz besonders schweben lassen werden, dürfte außer Zweifel stehen. Der ehemalige Kfz-Werkstättenleiter des Bundesheeres gehört zu den ältesten Teilnehmern, die je beim seit 1970 jährlich ausgetragenen Lauf quer durch New York angetreten sind. Vermutlich ist er der Älteste unter den 50.000, die heuer die 42,192 Kilometer in Angriff nehmen. Ziemlich sicher ist Plajer der älteste Europäer. Und mit Sicherheit der älteste Österreicher, der je dabei war: Hans Plajer ist im Juni 85 Jahre alt geworden - und läuft.

Nicht nur Amerikaner lieben so etwas. Der fünffache Großvater ist da, wo er herkommt, längst eine Legende. "Wo in Kärnten gelaufen wird, ist Hans dabei. Er ist landbekannt, wird immer von allen angefeuert. Auch wenn's bei ihm länger dauert. Er bekam zum 80er einen Startplatz für den Ironman Austria - mit der Startnummer 80", erzählt die Kärntner Lauf-Aktivistin und -Bloggerin Running Zuschi. "Viele Frauen sind besonders froh, wenn er da ist. So werden sie nicht Letzte."

Olympisches Prinzip

Plajer ist das lebende olympische Prinzip. Seit jeher. Respektive: seit er halt sportelt. Dazu, sagt der Lauf-Methusalem, sei er erst durch seine Kinder gekommen. "Davor war der Krieg, dann der Wiederaufbau. Dann kam die Familie. Und mit Kindern gehst halt Ski fahren. Oder eislaufen."

Als seine drei Töchter erwachsen waren, hörte Plajer damit eben nicht auf, sondern erhöhte die Dosis. Und zwar gewaltig: Langlaufen, Eisschnelllauf, Kugelstoßen, Skifahren, Weitsprung, Triathlon. "Der Hans, der kann's", heißt es in Kärnten. Bei fünf Ironman und 250 Triathlons und Duathlons erreichte er das Ziel. 1983 war er beim ersten Triathlon Österreichs dabei. 1987 war er der erste Kärntner Teilnehmer beim Ironman auf Hawaii - und kam nach 14:31:16 Stunden an.

Marathons? Ein Dutzend. "Berlin, Wien, Rom, Florenz, Sibirien, Athen - für die anderen müsste ich jetzt nachschauen." Außerdem ist die "Kärntner Ausdauerinstitution" (Kleine Zeitung) seit diesem Sommer Mehrfachstaatsmeister. Für den Klagenfurter Leichtathletik Club holte er im Juli bei den österreichischen Mastersmeisterschaften in Wolfsberg sieben Goldene: 100, 200, 400, 800 und 1500 Meter - dazu noch Kugelstoßen und Hochsprung.

Respekt

Dass er da in einigen Kategorien der einzige Athlet seiner Altersklasse war, tut dem Respekt von Spitzensportlern für seine Leistung keinen Abbruch. Stolz stellt etwa die vielfache 800-m-Staatsmeisterin Elisabeth Niedereder aus Tirol ein Bild von sich und Plajer auf ihre Facebook-Seite: "Hut ab!"

In New York läuft der Pensionist zum dritten Mal. 1988 und 1992 erreichte er nahezu idente Zeiten (3:49:14 bzw. 3:49:56 Stunden). Diesen Sonntag darf es länger dauern. Um Zeiten geht es schon lange nicht mehr: "Ich will den Lauf genießen. Mir dieses Geschenk machen. Wenn ich gesund durchkomme, will ich mit meiner Frau und allen, die dort sind, feiern. Das hält mich lebendig." (Thomas Rottenberg, DER STANDARD, 31.10.2014)