Eine Krebszelle wächst ungebremst, interagiert mit umliegenden Zellen, tarnt sich vor dem Immunsystem: Das macht die Behandlung zu einer medizinischen Herausforderung.

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Krebs ist ein Schreckgespenst. Daran ändern auch Aufklärungskampagnen relativ wenig. Dass bestimmte Formen der Erkrankung in vielen Fällen heute schon in chronische Leiden umgewandelt werden können, ist eine der großen Errungenschaften, über die zu wenig gesprochen wird.

Das Comprehensive Cancer Center von Med-Uni Wien macht genau das. "Wir versuchen Tumoren besser zu verstehen", sagt Christoph Zielinski, je mehr man forsche, umso klarer wird, wie unterschiedlich jede Erkrankung ist, deshalb könne die Zukunft auch nur in der personalisierten Krebstherapie liegen.

Vor allem fehlgeleitete Signalwege, die das ungezügelte Zellwachstum auslösen, ist im Visier der Forscher. Deshalb, so Christoph Zielinski sei eine enge Zusammenarbeit mit der Grundlagenforschung eine unbedingte Notwendigkeit. Vor allem die interdisziplinäre Fallbesprechung in Tumorboards ist ein Einrichtung, bei der neue Erkenntnisse gewonnen werden.

Ein Medikament, das verschieden wirkt

"Ein und das selbe Medikament wirkt bei Patienten ganz unterschiedlich. Warum, ist die zentrale Fragestellung", sagt Maria Sibilia, Leiterin des Instituts für Krebsforschung ab der Med-Uni Wien. Was sich abzeichnet: Nicht die Lokalisation eines Tumors sondern der genetische Fingerabdruck könnte in Zukunft ausschlaggebend für eine bestimmte Therapie sein.

"Das verändert den Blick auf die Krankheit entscheidend", sagt Zielinski, in den USA zeichne sich dieser Trend bereits bei Zulassungsstudien von Medikamenten ab, berichtete er.

Auch an der Med-Uni Wien geht man in diese Richtung. Während ehemals Krebsforschung und auch Betreuung von Patienten mit bösartigen Erkrankungen organisatorisch oft fachspezifisch (Chirurgie, Strahlentherapie, Onkologie) oder "organspezifisch" strukturiert war, hat sich in Wien seit 2010 - ein Fächer- und Institutionen-übergreifender Zugang durchgesetzt. Mit dem Wiener CCC wurde eine Plattform für Patientenbetreuung (21 Tumorboards mit fast 7.700 Fallbesprechungen im Jahr 2013), Lehre, Forschung sowie Öffentlichkeitsarbeit (Cancer School für Betroffene und Angehörige) geschaffen.

Studie für austherapierte Patienten

Um die genetischen Defekte von Krebspatienten besser zu verstehen, startet die "EXAKT"-Studie. Wer mitmachen kann: Krebspatienten mit unterschiedlichen Tumoren, für die alle etablierten Therapien keinen Erfolg gebracht haben. Die Voraussetzung ist: eine Biopsie zur Gewinnung von Gewebeproben aus dem Tumor, eine neuerliche molekularbiologische Charakterisierung der Tumorzellen, damit eventuell ein neues Medikament für die Behandlung ausgewählt werden kann.

Erst vor kurzem konnten die beteiligen Spezialisten zeigen, dass ein solches Konzept zur Behandlung von Krebspatienten nach allen herkömmlichen Therapien mit hoher Wahrscheinlichkeit machbar ist. "Wir haben 21 Patienten in die Studie aufgenommen, die insgesamt 55 Patienten umfassen soll. Sie kommen aus Wien, mittlerweile auch aus Niederösterreich, Oberösterreich und Kärnten. Bei 18 wurde die Behandlung begonnen. In zwei Fällen haben wir einen Rückgang der Tumorerkrankung beobachtet, bei neun Patienten eine Stabilisierung", betonte Zielinski. "Wir erhoffen uns neue Einsichten, wir wissen, wie unvorhersagbar sich Tumoren verhalten können", betont auch Sibelia.

Das Ziel: Erkenntnisgewinn über die Wirkung von Medikamenten, die auf diese Art und Weise noch zielgerichteter als bisher zum Einsatz kommen könnten. "Wir erleben in der Klinik oft Erstaunliches und wollen Erklärungen dafür finden", sagt Zielinski. (pok/red, derStandard.at 31.10.2014)