Wien/Den Haag – So manche Experten sehen Bedarf an einer Erweiterung des menschlichen Speisezettels. Insekten hielten sie dazu für gut geeignet, auch wenn sich Normalverbraucher in unseren Breiten derzeit eher schwertun mit der Vorstellung, dass sie Maden zum Frühstück oder Fliegen zum Mittagessen verspeisen. Willige Konsumenten in den Niederlanden können sich nun im Verzehr dieser Naschereien schon einmal üben, denn seit Freitag hat eine Supermarktkette das passende Angebot in den Regalen.

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Schon die Maden im Speck sind in unseren Breiten schlecht gelitten. Nicht sehr viel besser sieht es bislang mit vorzüglich zubereiteten Madengerichten aus.
Foto: EPA/PIROSCHKA VAN DE WOUW

Von Experten wird diese Art der Ernährung nur begrüßt. Im vergangenen Jahr rief etwa die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) die noch zögerlichen westlichen Konsumenten auf, ihre Abscheu vor Insekten hinunterzuschlucken. Insekten seien eine umweltfreundliche Ergänzung zu den herkömmlichen Lebensmitteln. Dass sich Grashüpfer und Co durchaus in die Pfanne hauen lassen, beweisen die Zahlen: Zwei Milliarden Menschen – rund ein Drittel der Weltbevölkerung – essen laut FAO schon Insekten, weil sie "köstlich und nahrhaft" seien. Vor allem in tropischen Regionen liefern unter anderem Raupen und Käfer begehrte Eiweiße.

Grillen und rösten

Heuschrecken werden gegrillt und ob ihres nussigen Geschmacks gelobt, marinierte Würmer und geröstete oder kandierte Raupen gelten in manchen Breiten ebenfalls als Köstlichkeit. Die saftigen Sagowürmer, Larven eines Rüsselkäfers, der Palmen befällt, werden in vielen tropischen Ländern gegessen. In Südafrika werden jedes Jahr fast zehn Milliarden Mopaneraupen geerntet. Die Raupen der Motte Hypopta agavis (die sich am Grund vieler Flaschen Mescal finden) sind in Mexiko so beliebt, dass Agavenbauern Sicherheitskräfte organisieren, um sich Wilderer vom Leib zu halten. Selbst Silberfische und Läuse kommen in manchen Ländern auf den Teller. 1.900 essbare Insektenarten haben Wissenschaftler inzwischen aufgelistet.

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Wer sich nun schon an Mehlwürmer gewöhnt hat: So sehen Cupcakes für Insektenfreunde aus.
Foto: Reuters/Kooren

In den Niederlanden gibt es nun für willige und experimentierfreudige Konsumenten eine kommerzielle Versorgungsstätte für diese Art von Nahrungsmittel. Jumbo, eine der größeren Supermarktketten des Landes, bietet seit Freitag Fastfood und Snacks aus Mehlkäfern, Heuschrecken und Mottenlarven an. Zunächst liegen die Fleischlaibchen, Burger und Chips aus essbaren Insekten in zwei Jumbo-Filialen im Norden der Niederlande in den Regalen, bis Anfang 2015 sollen alle 400 Geschäfte mit den ungewöhnlichen Naschereien bestückt werden.

Nachhaltige Ressource

"Essbare Insekten sind nicht nur gesund. Sie sind auch nachhaltig und helfen, versiegende Lebensmittelressourcen zu schonen", schlägt Jumbo-Sprecherin Laura Valks gegenüber der Nachrichtenagentur Agence France Press in die gleiche Kerbe wie die FAO. Zwar können Käfer und Würmer schon seit längerem im Internet bestellt werden, zudem bieten in den Niederlanden einige kleinere Geschäfte Insekten-Naschereien an. Jumbo ist aber der erste Supermarkt, der die Produkte ins Sortiment nimmt. Wie für vieles andere Essbare, das sich eher der exotischen Abteilung zurechnen lässt, gilt auch hier: Schnäppchenpreise werden dafür nicht verlangt. Mit 5,95 bis 6,79 Euro schlagen die Naschereien zu Buche, die Chips aus Mottenlarven werden in zwei klassischen Geschmacksrichtungen angeboten: Salz und Paprika.

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Vom Grashüpfer zum knusprigen Snack: Solche Bilder sind Asien-Reisenden bestens vertraut.
Foto: AP/Weerawong

Wer immer noch Zweifel hat, dass Insekten auch essbar sind: Früher waren sie auch in Europa Teil der menschlichen Nahrung. Auch bei Griechen und Römern gehörten Heuschrecken und Co auf den Speiseplan. Und Maikäfersuppe war in Deutschland und Frankreich noch im 19. Jahrhundert ein bekanntes Gericht. Der Geschmack soll übrigens an Krebssuppe erinnern. Wer sich nicht scheut, Maikäfer ohne Flügel und Beine in Butter anzurösten oder im Mörser zu zerstampfen und im passenden Süppchen zu kochen, findet die passenden Rezepte auch heute noch. (rebu, derStandard.at, 31.10.2014)