Was in der Abendsonne hell glänzt, sollte sich eigentlich harmonisch in die historische Ziegeldachlandschaft der steirischen Landeshauptstadt Graz einfügen. Seit Jahren besteht das ungedeckte Dachprovisorium des Kaufhauses Kastner & Öhler.

Graz - Innen hui, außen: na ja. Für den stimmigen Innenumbau der historischen Gemäuer heimst Kastner & Öhler (K&Ö) regelmäßig internationale Auszeichnungen ein. Die internationale "Association for Retail Environment" hatte dem Grazer Modehaus in Las Vegas etwa den Design-Award als "Department Store of the Year 2011" verliehen. Bekannte Warenhäuser wie Bloomingdale's stehen auf derartigen Preislisten.

Das hochgelobte Innendesign korrespondiert aber so gar nicht mit der Außenerscheinung: Seit Jahren sollte die neue Dachkonstruktion - wie mit der Stadt vereinbart - optisch der historischen Dachlandschaft angepasst und sich harmonisch in die Ziegelfarbgebung der City einfügen. Aber noch immer klafft das stählerne Provisorium wie eine stadtarchitektonische Wunde im Dachensemble der Innenstadt. Das Dach ist seit Jahren ungedeckt.

Der Grazer Baudirektor Bertram Werle warnt im Gespräch mit dem Standard, dass die Auszeichnung von Graz als Unesco-Weltkulturerbe auf dem Spiel stehe, wenn Kastner & Öhler nicht ehebaldigst den versprochenen Umbau anpacke. "Immerhin ist das Unternehmen bereits acht Jahre in Verzug", sagt Werle. Das sei so nicht richtig, entgegnet K&Ö-Vorstand Martin Wäg, es seien nur vier Jahre - 2010 wurde der Umbau eröffnet -, und man habe eigentlich gar nichts versprochen, lediglich, dass das Dach sicher fertiggestellt werde, "aber nicht wann", sagt Wäg. Woran hapert's? Wäg: "Es hapert gar nicht, aber wir haben einfach keinen Termin fixiert. Das Dach wird kommen, wir sind aber noch dran, das ideale Material und auch Alternativen zu finden. Aber ich nehme es ernst, wenn Leute der Meinung sind, dass es schon zu lange dauert."

Und natürlich räumt Wäg ein, gehe es auch um die Frage der Finanzierbarkeit. "In Zeiten, wo alle von Krise reden, macht das die Sache natürlich nicht leichter", sagt Wäg. Gut drei Millionen Euro müssten für die kupferne Außenverkleidung budgetiert werden. Hinzu kommt noch der geplante weitere Ausbau der Dachkonstruktion. Die "Unesco-Welterbe-Koordinatorin" der Stadt Graz, Daniela Freitag, gibt zu bedenken, dass das Landesbaugesetz keine Fertigstellungsverpflichtung vorsehe, daher könne auch keine Frist gesetzt werden.

Man verstehe seitens der Stadt aber, das Kastner & Öhler auf Grundlage der schwierigen Marktsituation kalkulieren müsse. Dem gegenüber stünden jedoch die Anforderungen der Unesco, der regelmäßig über die Situation Bericht erstattet werden müsse.

Ursprünglich sei der Dachausbau bereits mit den Planungen 2006 zugesagt worden. "Natürlich konnte damals niemand die Wirtschaftsentwicklung absehen. Aber es geht auch darum, dass Graz seine Glaubwürdigkeit behält", sagt Freitag. Käme die Landeshauptstadt auf die "Rote Liste" der Unesco, wäre dies "international ein großer Imageverlust für die Stadt Graz".

Was in der Abendsonne hell glänzt, sollte sich eigentlich harmonisch in die historische Ziegeldachlandschaft der steirischen Landeshauptstadt Graz einfügen. Seit Jahren besteht das ungedeckte Dachprovisorium des Kaufhauses Kastner & Öhler. (Walter Müller, DER STANDARD, 11.11.2014)