Ouagadougou - Gut zwei Wochen nach dem Sturz von Langzeitpräsident Blaise Compaore in Burkina Faso ist der 72 Jahre alte Diplomat Michel Kafando zum Übergangspräsidenten bestimmt worden. Die Entscheidung fiel in der Nacht auf Montag. Der Jurist und Politikwissenschafter Kafando soll am Freitag offiziell das Amt übernehmen und den westafrikanischen Staat bis zu den nächsten Wahlen in einem Jahr führen.

Am Sonntag war ein Übergangsabkommen vom Militär, den Sicherheitskräften, den politischen Parteien, Religionsvertretern und der Zivilgesellschaft unterzeichnet worden.

Compaore war Ende Oktober nach tagelangen Protesten der Bevölkerung zurückgetreten. Die Unruhen richteten sich gegen seine Pläne, die Verfassung ändern zu lassen, um eine weitere Amtszeit anzustreben. Er war bereits seit 27 Jahren Präsident. Kurz nach seiner Flucht nach Cote d'Ivoire (Elfenbeinküste) hatte der frühere Vizechef der Präsidentengarde, Isaac Zida, zunächst die Macht übernommen. Als Folge des internationalen Drucks stimmte er dann aber zu, einem zivilen Staatschef Platz zu machen.

UN-Botschafter und Außenminister

Kafando hat in Frankreich, das früher als Kolonialmacht über Burkina Faso herrschte, studiert und war jahrelang Botschafter des westafrikanischen Landes bei den Vereinten Nationen. 1982/83 war er auch Außenminister seines Landes. Wegen seiner langen Erfahrung als Diplomat genieße er bei der Bevölkerung großes Vertrauen, sagten Beobachter in der Hauptstadt Ouagadougou. Das Agrarland Burkina Faso mit etwa 17 Millionen Einwohnern ist eines der ärmsten Länder der Welt; die Korruption grassiert.

Die Afrikanische Union (AU) begrüßte die "Wiedereinsetzung der Verfassung" in Burkina Faso und die Designierung "eines Zivilisten" als Übergangspräsident. AU-Kommissionspräsidentin Nkosazana Dlamini-Zuma sprach in einer Aussendung von einem Zeichen der "politischen Reife" und "Verantwortungsbewusstsein".

Kafando selbst sprach in einer ersten Reaktion von einer "immensen Aufgabe". "Ich habe natürlich angenommen, wie stets, wenn mich die Pflicht gerufen hat." Als interimistischer Staatschef will Kafando "eine neue Gesellschaft bauen, eine wirklich demokratische Gesellschaft durch Gerechtigkeit, Toleranz und die Union der Herzen".

Das Gremium, das den Übergangspräsidenten kürte, hatte die Zahl der Kandidaten zunächst von fünf auf drei Personen eingeschränkt. Es favorisierte zunächst den Erzbischof von Bobo-Dioulasso, Paul Ouedraogo, der aber abwinkte, ebenso wie der Journalist Newton Ahmed Barry. (Reuters, 17.11.2014)