Wien - "Zeuge Frank Stronach, Saal 203, bitte eintreten!", hieß es am Dienstagvormittag am Wiener Straflandesgericht. Der Parteigründer, Milliardär und ehemalige Aufsichtsrat der Fußball-Bundesliga (von 1999 bis 2005) trifft dann auch mit einigen Minuten Verspätung vor dem Schöffengericht ein. Schnell zeigt sich: Zur Wahrheitsfindung kann Stronach wenig Erhellendes im Betrugs- und Untreueprozess gegen den ehemaligen BZÖ- und Bundesliga-Chef Peter Westenthaler beitragen. Dafür erzählt er die umso schöneren Geschichten.
Laut Anklage sollen Westenthaler und sein einstiger Vorstandskollege Thomas Kornhoff eine Fördermillion des Bundes für Nachwuchskicker zweckwidrig zur Tilgung einer Finanzschuld der Liga verwendet haben. Die Vereine seien dadurch geschädigt worden. Beide bestreiten das und halten sich für unschuldig.
"Fast wie ein Vater"
Das sieht auch Stronach so: "Ich kann nicht sehen, dass der Peter der Schuldige ist", platzt er mitten in eine noch nicht einmal zu Ende formulierte Frage von Kornhoff-Anwalt Michael Dohr. Und obwohl Stronach gleich zu Beginn erklärt, mit den Angeklagten weder verwandt noch verschwägert zu sein und betont, nicht nur im Zeugenstand aufrichtig zu sein ("Ich sag immer die Wahrheit"), beschreibt er sein Verhältnis zu Westenthaler dann doch recht familiär: "Ich war fast wie ein Vater zu ihm." Und als solcher habe er ihm geraten: "Du musst dich ein bisschen zivilisierter ausdrücken, dann sind Stellen offen für dich." Aufgefallen ist ihm der Wortstarke im Stadion der Austria: "Wann immer ich dort war, war er auch da." Schnell habe sich gezeigt: "Er hat viel von Fußball verstanden."
Und auch Frank Stronach hat hier Expertise, wie er dem Vorsitzenden Wolfgang Etl detailreich, wenn auch weitgehend ungefragt, erklärt. So habe es "immer Budgetprobleme" gegeben - das ist die Sachlage des Sports". Seine Erklärung für die Unterdotierung durch die öffentliche Hand: Es brauche ja nur "Turnschuhe, Turnhose und Ruderleiberl - dann kannst schon Fußball spielen".
Gönner mit lauter guten Absichten
Er selbst habe "große Sorgen gehabt, wie können wir den Nachwuchs fördern". Schließlich sei der Fußball ja "vielleicht doch der wichtigste Sport". Also habe er "immer nur Geld reingegeben", mit "lauter guten Absichten". Was passiert wäre, wenn die Bundesliga die Schulden nicht hätte zahlen können? Stronach: "Vielleicht hätte es einen Gönner gegeben." Konkursgefahr gab es nicht: "Ich hätte dann schon vorgestreckt."
Das mit dem Geld sei überhaupt so eine Sache, das "hat ja kein Mascherl" , greift auch Stronach zu einer im Verfahren schon öfters gebrauchten Formulierung. Für ihn sei das alles lediglich eine Buchhaltungsfrage. Aus Zeugensicht verwässern die getätigten Transaktionen etwas: "Wennst in einen Brunnen Wasser reingießt, weißt ja nachher auch nicht, welches Wasser welches ist", erklärt Stronach - und darf nach etwas mehr als einer Stunde wieder gehen, ohne Zeitbestätigung. Stronach zum Richter: "Zeit ist Geld, meinen Sie? Geben Sie das einem Armen. Es gibt sicher Arme. Ich mache 50.000 pro Tag."
Einvernahme via Skype
Deutlich kürzer fällt die Befragung Arno Ecchers aus, einst Chef der BZÖ-eigenen Werbeagentur Orange. Der Vorwurf in diesem Verfahrensteil: Das BZÖ habe im Abtausch mit einer verwirkten Gesetzesnovelle zur Lockerung des Glücksspielmonopols von den Österreichischen Lotterien 300.000 Euro Schmiergeld erhalten. Westenthaler sieht sich unschuldig. Eccher verweigert die Aussage, weil gegen ihn ermittelt wird. Ob BZÖ-Mitarbeiter Kurt Lukasek gesprächiger ist? Nächste Woche wird der Mann, der das dürre, aber teure Gutachten zum Thema "Responsible Gaming" zusammengegoogelt haben soll, zur Skype-Einvernahme aus Abu Dhabi gebeten. Ob die Zeugenladung von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser durchgeht, die Anwalt Dohr beantragt hat, wird sich erst herausstellen. (Karin Riss, DER STANDARD, 19.11.2014)