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Er macht Schmuck für Stars von Kate Moss bis Johnny Depp und weiß, was das für das Image seiner Marke bedeutet.

Foto: AP/Victoria Will

Die Tiara "Fly by Night", die Stephen Webster für Swarovski bzw. den Opernball 2014 entwarf.

Foto: Stephen Webster

Ohrringe aus Fly by Night" mit schwarzen Diamanten und Smaragden.

Foto: Stephen Webster

Ring "Forest Long", ebenso aus "Fly by Night", mit Rubinen, schwarzen und weißen Diamanten.

Foto: Stephen Webster

Das Armband "New York" aus Weißgold mit Diamanten.

Foto: Stephen Webster

STANDARD: Sie waren in der GQ-Liste der 50 bestgekleideten Männer der Welt angeführt. Was ist Ihr Lieblingskleidungsstück?

Stephen Webster: Ich mag Sakkos und Anzüge. Ich wollte eigentlich Modedesigner werden. Das war auch der Grund für mich, auf die Kunstschule zu gehen. Aber dann hab ich mich ins Schmuckdesign verliebt.

STANDARD: Was würden Sie niemals tragen?

Webster: Einen BH. Nein, im Ernst ... das ist vielleicht eine seltsame Frage. Wahrscheinlich würde ich niemals etwas von Ver sace tragen ... Was würden Sie sagen?

STANDARD: Schwierige Frage!

Webster: Sag ich ja.

STANDARD: Ich würde niemals ein Poloshirt tragen und dann auch noch den Kragen aufstellen.

Webster: Oh ja, da bin ich dabei. Schrecklich.

STANDARD: Wie würden Sie Ihren Stil beschreiben?

Webster: Ich weiß es nicht. Schwierige Frage. Es klingt nach Klischee, aber ich würde sagen, mein Stil sieht irgendwie nach englischem Rock ’n’ Roll aus. Manchmal ist es auch langweilig. Ich trage zum Beispiel immer die gleichen Stiefel. Ich will eine anderen. Außerdem werde ich alt. Ich überlasse es der nächsten Generation, Statements mit ihrer Mode abzugeben.

STANDARD: Wer ist der bestgekleidete Mann der Welt?

Webster: Ich sagte einmal, Prinz Charles sei ein sehr gut gekleideter Mann. Daraufhin fragte mich jemand: "Wie meinst du das?" Und ich sagte: "Nun, er ist es." Er ist besser gekleidet als seine Söhne. Was er trägt, trägt er gut. Und darum geht es.

STANDARD: Sie sind mittlerweile in der Jury dieser GQ-Liste der bestgekleideten Männer. Stimmten Sie für Prinz Charles?

Webster: Nein, meine Stimme ging an Paul Simonon von The Clash. Ich glaube, er kam auf Platz 30.

STANDARD: Lassen Sie uns über Ihr eigentliches Business reden, also Schmuck. Sie gelten als Rockstar unter den Schmuckdesignern. Was hat es mit diesem Image auf sich?

Webster: Ich versuche schon seit einigen Jahren, davon loszukommen. Es ist eine heikle Sache. Es kann fantastisch sein, aber auch zum Problem werden. Es ist einfach nicht stimmig, wenn man nur mehr als der Rockstar gilt und die Leute nicht mehr auf die Arbeit, also den Schmuck, schauen. Und viele meiner Schmuckstücke sind einfach zeitgenössisches Design. Es klingt nach Bullshit, aber wir versuchen den Menschen klarzumachen, dass sie sich unsere Arbeit genau ansehen sollen und nicht einfach nur sagen: "Ah, das ist vom Rockstar."

STANDARD: Aber das Image kommt ja nicht von irgendwo.

Webster: Klar, und es war auch lange Zeit gut so. Meine Dinge sind ja auch rebellischer. Die ganze Welt und insbesondere die der Juwelen ist ja so etwas von konservativ.

STANDARD: Also passen Tätowierungen und Juwelen nun zusammen oder nicht?

Webster: Eine Zeitlang passte das sehr gut für mich zusammen. Ich wollte einfach sagen, dass alles Schmuck sein kann. Darum ging es, und für eine Weile war das lustig, denn jeder sagte: "Du bist verrückt." Aber es hat funktioniert. Und das ist fantastisch. Der Markt war einfach reif dafür.

STANDARD: Was ist Ihr liebster Rock-’n’-Roll-Song?

Webster: Mein Lieblingskünstler ist David Bowie. Als ich ihn zum ersten Mal sah und hörte, und das ist lange her, wusste ich: Das ist es. Aber es ist schwer, einen einzelnen Song herauszu picken.

STANDARD: Sie sagten einmal, Ihr Schmuck sei alles andere als gewöhnlich. Wann ist denn Schmuck gewöhnlich?

Webster: Nun, es geht um die Frage, ob ein Diamant allein schon Schmuck ist. Ist er nicht. Es geht um Design, Material und die Arbeit.

STANDARD: Welches ist Ihr Lieblingsmaterial?

Webster: Gold ist ziemlich gut. Es lässt alles mit sich machen, was ich will. Das tut nicht jedes Material. Wenn wir von Steinen reden, dann mag ich so gut wie jeden. Ich hatte das Glück, viele Orte zu besuchen, an denen Schmucksteine zum ersten Mal ans Licht kamen. Das ist schon etwas Besonderes. Einmal sah ich eine Perle. Sie schimmerte in allen Farben und war geformt wie ein perfekter Ball. Und so etwas kommt aus einer Auster. Das ist doch total irre, oder?

STANDARD: Sie gestalteten für Swarovski das Diadem für den vergangenen Wiener Opernball. Wie war das, als man Sie anrief und Ihnen den Job anbot?

Webster: Ich hab schon viel mit Swarovski zusammengearbeitet. Das war immer toll und ungewöhnlich, zum Beispiel bei diesem Projekt für den James-Bond-Film Skyfall. Ich bin auch mit Nadja Swarovski gut befreundet. Vom Opernball hatte ich nicht die geringste Ahnung. Ich hab ein wenig
gegoogelt und gesehen, dass das ein echtes Spektakel ist. Unglaublich.

STANDARD: Was ist für Sie die größere Herausforderung: etwas für jemanden zu entwerfen, den Sie kennen, oder etwas, das in eine Kollektion einfließt?

Webster: Ich hab immer beides gemacht. Es ist eine sehr unterschiedliche Herangehensweise. Die Herausforderung und der Druck, für eine Kollektion zu entwerfen, ist zweifellos größer. Man weiß nicht, wer den Schmuck tragen wird. Wenn ich jemanden kenne und für diese Person etwas entwerfe, ist das einfacher.

STANDARD: Wie sieht es eigentlich mit männlicher Kundschaft aus?

Webster: Vor 16 Jahren hab ich meine erste Männerkollektion entworfen und habe mich dabei von der Haut des Rochens in spirieren lassen. Ich dachte, das sei wirklich männlich. Wir bekamen eine Menge Presse, aber der Markt war noch nicht reif dafür. Das hat sich geändert, was auch am gewachsenen Angebot liegt. Schauen Sie nur einmal, wie viele Männer heute ein Armband tragen. Ich denke, wir machen heute zwanzig Prozent Umsatz mit Männerschmuck. Das ist viel.

STANDARD: Ihre Stücke kosten zwischen 150 Euro und 300.000 Euro. Da liegt ganz schön was dazwischen.

Webster: Das stimmt, aber hauptsächlich bewegen wir uns zwischen 5000 und 20.000 Euro.

STANDARD: Sie entwarfen Schmuck für Stars wie Madonna, Johnny Depp oder Kate Moss. Wie ist es, für solche Leute zu arbeiten?

Webster: Für unsere Marke ist das natürlich nicht unerheblich, gerade was das Image betrifft. Ich kann ja niemandem verbieten, ein Schmuckstück bei uns zu kaufen. Johnny Depp hat ein Armband gekauft. Ich hab ihn nie getroffen. Das war’s. Christina Aguilera kauft jede Menge bei uns, ich hab auch ihren Ehering entworfen. Den Job hab ich übrigens auch für Madonna und Pink übernommen. Da ergibt sich dann schon auch so etwas wie Freundschaft. Christina wurde auch unser Testimonial.

STANDARD: Warum gerade Aguilera? Passt das zu Webster?

Webster: Das haben mich auch viele Freunde gefragt. Es muss nicht immer die Musik sein, die ich mag. Ich erzähl Ihnen etwas anderes. Chrissie Hynde, die als Frontfrau der Pretenders bekannt wurde, ist eine gute Freundin von mir. Sie ist für mich immer noch das ultimative "Rock-Chick", auch wenn wir mittlerweile gemeinsam ins Theater gehen. Ich liebe sie. Auch sie kauft meinen Schmuck, sie hat aber überhaupt nichts mit Madonna oder Jennifer Lopez gemeinsam. Es geht ganz einfach darum, dass jemand kommt, deinen Schmuck kauft, und wenn man sich mag, kann eine Freundschaft daraus werden. So einfach ist das.

STANDARD: Für welchen Star – tot oder lebendig – würden Sie am allerliebsten ein Schmuckstück entwerfen?

Webster: Tot oder lebendig? Oh, Mann ...

STANDARD: Elvis trug gerne Schmuck.

Webster: Ja, der wäre nicht schlecht, aber sein Schmuck war grauenvoll. Er hat mich nie interessiert, bis ich eines Tages mit einem Thunderbird, Baujahr 1959, nach Memphis fuhr. Ich machte diese Graceland-Tour. Das war großartig.

STANDARD: Also ein Ring für Elvis?

Webster: Nein, für David Bowie. Ich hab ihn übrigens nie getroffen.

STANDARD: Wie würde das Schmuckstück aussehen?

Webster: Das kann ich auf die Schnelle schwer sagen. Aber ich denke, es wäre ein Ring.

STANDARD: Was ist ein Objekt, von dem Sie träumen, es zu entwerfen, es aber nie getan haben?

Webster: Ich glaube, es wäre kein Schmuck. Vielleicht ein Motorrad. Ich besitze Motorräder, seit ich denken kann, und war zeit meines Lebens auf Menschen eifersüchtig, die mechanische Objekte gestalten. (Michael Hausenblas, Rondo, DER STANDARD, 21.11.2014)