Kopf-Hals-Tumoren enden in jedem zweiten Fall tödlich. Forscher fanden nun einen Weg, die Immunabwehr mittels Impfung zu stärken.

Foto: Akira Kouchiyama

Die Prognosen für Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren sind schlecht. Nur jeder zweite hat die Chance, diese bösartige Krebserkrankung zu überleben. Das liegt nicht nur an der Aggressivität der Krebszellen, sondern auch an ihrer Fähigkeit, das Immunsystem der Erkrankten zu unterdrücken. Mediziner der Universitäten Ulm und Pittsburgh (USA) haben nun einen neuen immuntherapeutischen Ansatz entwickelt und in einer klinischen Studie mit 16 Kopf-Hals-Karzinom-Patienten erfolgreich getestet.

Bessere Prognose

Die Forscher haben einen immuntherapeutischen Ansatz entwickelt und in einer klinischen Studie mit 16 Kopf-Hals-Karzinom-Patienten erfolgreich getestet. "Mit einer speziellen Impfung ist es uns gelungen, durch die spezifische Aktivierung des Immunsystems die Überlebensprognose der Patienten nachweislich zu verbessern", sagt Patrick Schuler, HNO-Facharzt und Erstautor der in "Clinical Cancer Research" veröffentlichten Studie.

Dem Ulmer Wissenschaftler gelang es, in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Robert Ferris (University of Pittsburgh) so genannte dendritische Zellen der Tumorpatienten im Reagenzglas zu züchten und biotechnologisch für den Kampf gegen Krebszellen "scharf zu machen". Diese besonderen Immunzellen weisen astartige Verzweigungen auf und dienen der Antigen-Präsentation.

Denn für eine spezifische Immunantwort braucht es genaue Hinweise auf die Aggressorzellen. "Wir haben die Zelloberfläche der dendritischen Zellen mit p53 beladen, einem besonderen Protein, das bei der DNA-Reparatur und Regulation des Zellzyklus eine zentrale Rolle spielt und in mutierter Form besonders häufig in Krebszellen vorkommt", sagt Schuler.

Dauerhafte Abwehr

Diese speziell behandelten dendritischen Zellen wurden dann in Lymphknoten der Patienten injiziert, wo sie Informationen über die Oberflächenstruktur des Krebsmarkers an die T-Zellen übermitteln. Mit Hilfe dieser Informationen gelingt es diesen T-Zellen, einzelne Tumorzellen im Körper besser zu erkennen und schließlich zu vernichten. "Durch die Injektion der 'p53-beladenen' dendritischen Zellen wird eine dauerhafte Immunabwehr aufgebaut, weshalb wir bei dieser Methode von Tumor-Impfung sprechen", so der gebürtige Kalifornier, der in Würzburg, Toronto und Uppsala Humanmedizin studiert und am Hillman Cancer Center in Pittsburgh (USA) promoviert hat.

In der Praxis wurde die Tumorimpfung bei 16 Patienten mit fortgeschrittenem Kopf-Hals-Tumor durchgeführt, die zuvor im Rahmen einer Standard-Tumortherapie behandelt wurden. Im Blut der Patienten befanden sich nach der Impfung deutlich mehr Tumor-spezifische T-Zellen, die für eine zielgenaue Bekämpfung der Krebszellen wichtig sind.

Zweifach gestärkt

Etwas seltener als zuvor waren dagegen die regulatorischen Immunzellen zu finden, die für die Unterdrückung der Immunabwehr verantwortlich sind. Durch die Impfung konnte das Immunsystem also in doppelter Hinsicht gestärkt werden. Für die Patienten war damit eine deutlich bessere Prognose verbunden. Die Überlebensrate stieg deutlich im Vergleich zu den Patientengruppen ohne Impfung.

"Dieser Tumor-immunologische Ansatz könnte künftig allein oder in Kombination mit konventionellen Behandlungskonzepten eingesetzt werden. Dies wäre für viele Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren eine wertvolle neue Therapieoption", sagt HNO-Facharzt Schuler. (red, derStandard.at, 21.11.2014)