Linz/Wien - Linzer Forschern ist es gelungen, die natürliche Photosynthese mit künstlichen Substanzen nachzuahmen und damit Sonnenenergie zu speichern. Weil dafür weniger Zwischenschritte als in Pflanzen notwendig sind, sei die Energieausbeute mit bis zu 80 Prozent sogar etwa doppelt so hoch wie in Pflanzen, erklärte Günther Knör vom Institut für Anorganische Chemie der Universität Linz.

"Wir konnten alle im Photosystem I der grünen Blätter wirksamen Bestandteile erfolgreich durch sehr viel stabilere und einfacher aufgebaute Materialien ersetzen", so Knör. "Photosystem" ist die Bezeichnung für diejenigen Proteine und Pigment-Moleküle, die Lichtenergie in chemische Energie umwandeln - zwei solcher Systeme gibt es. Bei der "künstlichen Photosynthese" werde wie in lebenden Organismen durch Bestrahlung mit rotem Licht biologisch aktives NAD(P)H (Nicotinamidadenindinukleotidphosphat) als Energie-Speicherstoff gebildet.

Das entwickelte System

Das künstliche System besteht nach Angaben der Wissenschafter lediglich aus zwei Komponenten: einen grünen, wasserlöslichen Farbstoff (Zinn-Porphyrin-Komplex), der das rote Licht absorbiert und gleichzeitig als Photo-Katalysator zwei Elektronen und ein von Wasser stammendes Proton verknüpft. Damit sei schon der erste Schritt getan und die Energie in einer Wasserstoff-Verbindung (Hydrid) gespeichert

Im zweiten Schritt hilft ein weiterer Katalysator - ein metallorganischer Rhodium-Komplex - dieses Hydrid auf die oxidierte Form des Kofaktors (NAD(P)plus) zu übertragen, so Knör. Es entsteht, genauso wie auf natürlichem Weg, der Energieträger NAD(P)H.

Brennstoff in kleinsten Mengen produziert

Der Gesamtprozess sei sogar effizienter als bei den Pflanzen, weil die Forscher einige Zwischenschritte überspringen konnten, die in der natürlichen Photosynthese ablaufen. "Das hat den großen Vorteil, dass bei der Umwandlung von Licht in NAD(P)H weniger Energie verloren geht", erklärte er. Die maximale Energieausbeute der Lichtreaktionen sei im künstlichen System mit bis zu 80 Prozent fast doppelt so hoch wie in Pflanzenzellen.

NAD(P)H zerfällt aber relativ schnell, und dient auch in der Natur nur als Kurzzeitspeicher, der in Pflanzen möglichst rasch weiterverwendet wird. Deshalb habe man weitere Reaktionen an die künstliche Photosynthese gekoppelt, um etwa Butanol zu erzeugen, einen Brennstoff, der sogar energiehaltiger ist als Benzin, so Knör. "Dabei verringert sich zwar der Wirkungsgrad der Energiespeicherung, aber man gewinnt einen Stoff, den man in Kanister füllen und auch in hundert Jahren noch verwenden kann", erklärte er.

Von Kanistermengen sind die Forscher allerdings noch weit entfernt. Derzeit arbeiten sie im "Grundlagenforschungsmaßstab" mit wenigen Millilitern. Begrenzend seien vor allem die verfügbaren Mengen des grünen Photokatalysators, sagte Knör.

Zukunftsvisionen

Dennoch ist der Chemiker zuversichtlich: Mit Hilfe der künstlichen Photosynthese könne man künftig sowohl das für das Klima problematische CO2 recyceln, als auch erneuerbare Treibstoffe aus Sonnenlicht, Luft und Wasser herstellen. So arbeitet Knör mit seinem Team derzeit an der direkten Gewinnung von Alkohol-Brennstoffen mit Hilfe der künstlichen Photosynthese. (APA/red, derStandard.at, 21. 11. 2014)