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Ein Bild aus besseren Tagen: Stronach-Abgeordneter Robert Luger und Stronach-Klubobfrau Kathrin Nachbaur im Rahmen ihrer Klubklausur im Oktober 2014.

Foto: Gindl/apa

Wien - Im Team Stronach ist der Machtkampf offenbar in vollem Gange. Der Abgeordnete Robert Lugar forderte am Sonntagabend in der ORF-Diskussion "Im Zentrum" Kathrin Nachbaur auf, wieder in die Partei einzutreten. Andernfalls könne sie nicht Klubobfrau bleiben. Nachbaur wollte diese Frage nicht öffentlich beantworten, sondern im Team besprechen.

"Frank, ich wünsche dir das Allerbeste"

"Hiermit möchte ich den Rückzug aus der Bundespartei Team Stronach für Österreich per sofort bekanntgeben." - Mit diesen Worten wandte sich Klubobfrau Kathrin Nachbaur vergangene Woche in einem Schreiben an den Parteivorstand.

"Ich wünsche alles Gute und weiterhin viel Erfolg und verbleibe mit besten Grüßen, Dr. Kathrin Nachbaur, Klubobfrau", heißt es in dem Schreiben auf dem Briefpapier des Parlamentsklubs, das mit 18. November datiert ist, weiter. Handschriftlich fügte Nachbaur außerdem hinzu: "Frank, ich wünsche dir und auch der Partei das Allerbeste! Das Parteiprogramm ist goldrichtig. Kathrin"

Lugar: "Ich will, dass sie bleibt"

Lugar äußerte die Hoffnung, dass Nachbaur ihre Entscheidung revidiert und wieder in die Partei eintritt. "Ich will, dass sie bleibt." Andernfalls müsse man die Lage neu bewerten. Seiner Auffassung nach wäre es nicht möglich, an der Spitze des Klubs zu bleiben, wenn sie sich nicht zur Partei bekennt. Lugar behauptete, damit auch im Namen von Frank Stronach und für die Mehrheit des Klubs zu sprechen.

Klubsitzung am Dienstag

Am Dienstag soll in der Klubsitzung – diese findet um 12.30 Uhr übrigens in jenem Raum in der Doblhoffgasse statt, in dem schon das BZÖ die eine oder andere Krisensitzung abhielt – über die Zukunft des Stronach-Klubs befunden werden. Es gehe darum, ob jemand, der sich offensichtlich von der Partei losgelöst habe und einen neuen Kurs einschlage, "den Klub führen kann", erklärte Lugar. "Meine Meinung ist, dass das nicht geht."

Dementsprechend will Lugar am Dienstag die Vertrauensfrage für Nachbaur stellen. Nachfolgen möchte er ihr aber nicht, auch nicht als Vizeparteichef oder Generalsekretär, betonte Lugar, der früher schon einmal den Klubobmann für die Oppositionspartei gemacht hat.

Ertlschweiger: "Parteimitgliedschaft ist das Mindeste"

Lugar sieht von den (inklusive Bundesrat Gerald Zelina) insgesamt zwölf Klubmitgliedern mehrere auf seiner Seite. Einer davon ist der burgenländische Landeschef Rouven Ertlschweiger. Er habe bis heute nicht verstanden, warum Nachbaur ausgetreten ist, wie er sagte. Eine Parteimitgliedschaft sei "das Mindeste", eine Klubobfrau ohne Parteizugehörigkeit gehe nicht zusammen, findet er. Wichtig sei nun, die Partei "in ein ruhigeres Fahrwasser zu bringen und zu konsolidieren". Man müsse sachpolitisch punkten. Er selbst habe keine Ambitionen auf den Klubchef, sagte Ertlschweiger auf Nachfrage.

Hagen und Franz für Nachbaur

Ebenfalls auf Lugars Seite genannt wurde der Vorarlberger Christoph Hagen, der dies allerdings am Montag heftig dementierte: Er stehe klar hinter Nachbaur, verwies er auf die Vertrauensabstimmung vergangene Woche. Er selbst sei auch kein Parteimitglied, wie andere Abgeordnete auch. Wichtig sei, dass man sich an die Werte und das Programm halte, die Parteizugehörigkeit werde "überbewertet". Eine Spaltung des Parlamentsklubs schloss er nicht aus: "Das wird sich morgen weisen."

Überhaupt kein Problem mit Nachbaurs Parteiaustritt hat auch Marcus Franz, ehemals Generalsekretär, und zwar auch ohne Parteibuch: "Das stärkt das freie Mandat" und sei "ein interessantes Experiment". Trotzdem erwartet er am Dienstag heftige Diskussionen. Nachbaur habe mit ihrem Parteiaustritt "den Rubicon überschritten" und damit die Debatte über die Zukunft des Team Stronachs losgetreten. Er selbst sei nie der Partei beigetreten und habe das auch weiter nicht vor. "Wenn mich jemand unter Druck setzt, spielt es Granada", sagt Franz zu derStandard.at.

Abspaltung nicht möglich

Zugeknöpft gab sich der oberösterreichische Landeschef Leo Steinbichler – er wolle nicht in der Öffentlichkeit diskutieren, sei aber überzeugt, dass am Dienstag eine ordentliche Teamentscheidung herauskommen werde. Für Steinbichler ist aber eine Parteimitgliedschaft entscheidend: Wenn man in der Öffentlichkeit die Partei vertritt, soll man auch Mitglied sein, sagt er zu derStandard.at.

Mandatar Georg Vetter wollte keinen Kommentar abgeben. Die anderen Abgeordneten – auch die geschäftsführende Klubobfrau Waltraud Dietrich, deren Arbeit rundum gelobt wird und die somit als mögliche neue Klubobfrau gilt – waren nicht erreichbar.

Eine weitere Klubgründung wäre gemäß Geschäftsordnung übrigens nicht möglich. Dafür hat der Nationalrat nämlich gegen Ende der vergangenen Legislaturperiode vorgesorgt. Der Anlassfall: das Team Stronach.

Nachbaur will medial nicht diskutieren

Nachbaur erklärte im ORF, für sie sei es eine "Frage des Stils", solche Themen nicht medial zu diskutieren. Sie wolle organisatorische Fragen im Team besprechen und nicht öffentlich. Nachbaur bekräftigte aber, dass sie weiter hinter den Inhalten, Werten, dem Programm und zum Team stehe.

Ebenso betonte sie neuerlich, Klubobfrau bleiben zu wollen. Ob sie bei der Klubsitzung, die am Dienstag stattfinden soll, noch eine Mehrheit bekommen wird, werde sich zeigen. Abgeordnete will sie aber auf jeden Fall auch dann bleiben, wenn sie als Klubobfrau abgewählt werden sollte.

Nicht eindeutig äußerte sich Nachbaur zu ihrem Parteiaustritt. Sie habe einen Zettel geschrieben mit der Formulierung: "Lieber Frank, ich ziehe mich aus der Bundespartei als stellvertretende Obfrau zurück." Auf die konkrete Nachfrage nach ihrer Parteimitgliedschaft meinte Nachbaur, dass diese Bürokratie "nicht relevant" sei.

Nachbaur will "starkem Mann" Platz machen

Die Zurücklegung der Funktion der stellvertretenden Obfrau begründete Nachbaur neuerlich damit, dass sie als werdende Mutter mehr Zeit brauche und Frank Stronach sich einen "starken Mann" wünsche, dem sie nun Platz mache. Zu dem vom früheren Berater Rudi Fußi geäußerten Gerücht, wonach der frühere Kurzzeit-FPÖ-Justizminister und jetzige Anwalt Michael Krüger Parteichef und der frühere FPÖ-Klubobmann und BZÖ-Obmann Peter Westenthaler Generalsekretär werden sollen, wollte sich Nachbaur nicht äußern.

Westenthaler und Krüger dementieren Engagement bei Stronach

Westenthaler und Krüger haben am Montag beide klargestellt, dass sie nicht für das Team Stronach in die Politik zurückkehren werden. "Es gibt kein Comeback des Peter Westenthaler." Fußi sage "wissentlich die Unwahrheit". Er, Westenthaler, habe schon mehrfach klargestellt, dass es ihn in der Politik nicht mehr geben werde. Und Krüger erklärte: "Das ist völlig absurd und abwegig." Er sprach von einer "völligen Dummheit" Fußis.

Stronach-Darlehen als "Hemmschuh"

Zur Finanzsituation der Partei bezeichnete Nachbaur die Darlehenskonstruktion mit Frank Stronach als "Hemmschuh". Von den ursprünglich zehn Millionen Euro sei eine Million in eine Spende umgewandelt worden, neun Millionen seien noch offen, wovon jedes Jahr eine Million fällig werde. Was damit geschehe, liege an Frank Stronach. Für die Partei wäre es jedenfalls leichter, wenn diese Regelung so nicht bestünde, sagte Nachbaur. Frank Stronach habe dieses Konstrukt so gewählt, um die Kontrolle zu behalten.

Im Fall des Falles würde außerdem Stronach selbst haften. Der haftbare Vorstand besteht aus dem Parteiobmann, also Stronach, seinem derzeit vakanten Vize (bisher Kathrin Nachbaur) und dem Finanzreferenten, aktuell Bauer. Dem Vernehmen nach existiert aber ein Schreiben von Stronach, wonach die anderen Vorstandsmitglieder von der Haftung entlastet seien. Und laut Statut ist nach außen alleine der Obmann vertretungsbefugt.

Die Landesparteien hat Stronach nicht direkt finanziell unterstützt. Vielmehr gewährte die Bundespartei von ihrem Geld Darlehen an die Landesparteien. Solche Darlehensverträge bestehen laut Bauer noch mit Kärnten (800.000 Euro offen), Niederösterreich und Salzburg.

Diskussion auf Twitter

Auf Twitter sorgt zudem ein Tweet von Marcus Franz für Diskussionen. Nach der Sendung hat er – angeblich auf Nachbaurs Wunsch – getwittert: "Ich kann mich für mein Geschwafel selbst nicht leiden. Der Grund für den Parteiausstieg: So funktioniert's einfach nicht mehr".

(APA, red, derStandard.at, 24.11.2014)