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Kunstsinnig und konsequent: die fast vergessene Yella Hertzka.

Foto: Picturedesk/ÖNB

Sie war eine Freundin der Avantgarde, verband Natur und Kultur mit leichter Hand und tätiger Freude: Yella Hertzka, 1873 in eine bürgerliche jüdische Wiener Familie geboren, lehrte jungen Menschen den Umgang mit Pflanzen, zog Musikerinnen und Musiker groß und kämpfte für die Sache der Frauen. 1913 gründete sie die größte Gartenbauschule Österreichs und übernahm nach dem Tod ihres Mannes die Leitung des Musikverlags Universal-Edition, der Komponisten wie Arnold Schönberg oder Anton Webern herausbrachte. All das tat sie in einer Zeit, in der Frauen in Führungspositionen so selten waren, dass es für diesen Umstand noch keine Formulierung gab.

Nicht nur die Liebe zur Avantgarde prägte Hertzkas Wesen. Sie engagierte sich leidenschaftlich im Kampf um Gerechtigkeit. Obwohl sie selbst privilegiert war und im Kontext ihrer Zeit als veritable "Karrierefrau" gelten konnte, machte sie sich früh für die Anliegen der Frauen stark: für rechtliche Gleichstellung, gleiche Verteilung von häuslicher und öffentlicher Arbeit, gegen sexuelle Gewalt. Schon in ihren Zwanzigern trieb Yella Hertzka die Gründung eines Frauenklubs voran, wo sich gebildete und berufstätige Frauen regelmäßig treffen und austauschen konnten.

Netzwerken für die inhaltliche Dimension

Heute würde man Hertzka vielleicht eine "begnadete Netzwerkerin" nennen. Im Unterschied zu manch gegenwärtiger Kontaktesammlerin ging es Hertzka beim Austausch mit anderen Frauen aber stets um die inhaltliche Dimension, um die Themen. Sie war überzeugte Pazifistin und in der internationalen Frauen- und Friedensbewegung aktiv. Als eine von vier Österreicherinnen reiste sie 1915 zum legendären Internationalen Frauenfriedenskongress nach Den Haag.

Hertzka war Teil der sogenannten Ersten Frauenbewegung. Die ist in Österreich heute nur mehr mit wenigen Namen im Gedächtnis verankert; etwa mit jenen von Rosa Mayreder oder Adelheid Popp. Darauf weist die Wiener Historikerin Corinna Oesch in ihrer jüngst erschienenen Hertzka-Biografie hin.

Dass diese Frauenbewegung fast vergessen ist, liegt nicht zuletzt daran, dass viele ihrer Repräsentantinnen jüdisch waren. Deren Vertreibung oder Ermordung durch die Nazis beendete den Fortbestand der Bewegung jäh. Die Nachgeborenen trifft die Schuld, die Erinnerung an sie nicht wiederbelebt zu haben.

Ein Park für Yella Hertzka

Hertzka hatte übrigens früh begriffen, was mit dem Nationalsozialismus dräute: Sie sah voraus, dass er alle emanzipatorischen Bestrebungen zunichte machen würde. 1933 warnte sie in einem Aufruf vor der "größten Gefahr, dass die Frauen wieder gänzlich mundtot gemacht werden". Nach dem "Anschluss" Österreichs floh sie ins britische Exil, nach dem Krieg kehrte sie als eine der wenigen nach Wien zurück. Alsbald widmete sie sich der Wiedererrichtung der arisierten Universal-Edition und übernahm abermals die Verwaltung des Musikverlags.

Yella Hertzka starb 1948. Um die Frauenrechtlerin und Unternehmerin dem Vergessen zu entreißen, soll nun ein Park in der Seestadt Aspern nach ihr benannt werden. Ein Symbol für den Anfang - immerhin. (Lisa Mayr, DER STANDARD, 24.11.2014)