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Roger Moore und seine Ehefrau Kristina Tholstrup profitierten bisher von Sonderregelungen für reiche Ausländer in der Schweiz.

Foto: EPA/HENNINGÜKAISER

Wien - Die Anwälte der Züricher Kanzlei Caputo & Partners bringen es schnell auf den Punkt. Es gebe viele Möglichkeiten, um sein Vermögen "zu schützen", schreiben sie auf ihrer Website. Man könne sein Geld in Trusts anlegen, Staatsbürger eines karibischen Staates werden, den eigenen Wohnsitz nach Malta oder Zypern verlegen.

Aber die Schweiz kombiniere alle Vorteile dieser Destinationen und biete noch dazu traumhafte See- und Berglandschaften. Yoko Ono, Roger Moore, David Bowie, Phil Collins und dutzende andere Celebritys hätten sich bereits in der Schweiz niedergelassen, um die Steuervorteile dort zu nutzen. Also worauf noch warten?

Es kann aber gut sein, dass die Anwälte bei Caputo & Partners ihre Website schon in der kommenden Woche gründlich erneuern müssen. Denn diesen Sonntag wird in der Schweiz über eine Initiative mit dem klingenden Namen "Schluss mit Steuerprivilegien für Millionäre" abgestimmt. Stimmt eine Mehrheit der Eidgenossen für den von Sozialdemokraten und Grünen unterstützten Antrag, dann entfielen viele der Steuervorteile, die Moore, Collins und Co ins Land gelockt haben, bald.

Konkret geht es um die Abschaffung der Pauschalbesteuerung. Das ist die Bezeichnung für ein europaweit einmaliges Modell, bei dem Steuern nicht auf Einnahmen, sondern auf Ausgaben eingehoben werden. Nutzen können das System wohlhabende Ausländer, die ihren Wohnsitz in die Schweiz verlegen und dort kein Einkommen erzielen.

Sie haben die Wahl: Entweder zahlen sie Steuern für ihre "Aufwendungen" für Privatjets, Yachten und die Villa. Um das System einfach zu halten, wird aber meistens der fünffache fiktive Mietwert des Eigenheimes als Steuerbasis angenommen. Die Höhe der Abgabe ist gleich wie bei der "normalen" Einkommenssteuer, nämlich maximal 42 Prozent.

"Günstlingswirtschaft"

Die Pauschalsteuer "verletzt die Rechtsgleichheit und untergräbt die Steuermoral", argumentieren die Unterstützer der Initiative. "Wir wollen keine Günstlingswirtschaft für den Geldadel!", sagen etwa die Sozialdemokraten. Gegner warnen hingegen, dass bei einem Ja am Sonntag die Schweiz einen entscheidenden Nachteil im internationalen Steuerwettbewerb erleiden würde.

"Will man unseren Standort kaputtmachen?", fragt etwa Marcel Widrig, Steuerexperte bei den Wirtschaftsprüfern von PwC in Zürich. Wie die bürgerlich-konservativen Parteien argumentiert er, dass ohne die Steuervorteile ein Exodus der reichen Ausländer einsetzen würde.

Für die Schweizer Staatskasse geht es tatsächlich um viel Geld. Ein Pauschalbesteuerter zahle im Schnitt pro Jahr umgerechnet 100.000 Euro an Einkommenssteuer, heißt es auf Anfrage bei der Steuerverwaltung in Bern. "Wir brauchen fast 30 Schweizer, um einen von ihnen zu ersetzen".

Im Jahr 2012 nutzen 5600 Personen das Modell. Neben Künstlern und Sportlern ist es auch für Unternehmer interessant. Ein Brite, der seinen Wohnsitz in die Schweiz verlegt, zahlt dort auf Dividenden keine Steuern. Einer der prominentesten Engländer in der Schweiz ist derzeit Formel-1-Boss Bernie Ecclestone.

Frank Stronach in Zug

Im Zusammenhang mit der Pauschalbesteuerung wurde 2012 auch der Fall von Frank Stronach diskutiert, dessen Hauptwohnsitz damals im schweizerischen Zug war. Dabei ist es wegen zwischenstaatlicher Vereinbarungen mit den Eidgenossen für österreichische Unternehmer nicht so leicht, vom günstigeren Schweizer Modell zu profitieren. Sie müssen nach Angaben von Steuerberatern erst Scheingesellschaften in Zypern oder Luxemburg nutzen, um ihren Gewinn abgabenfrei in die Schweiz zu schaffen.

In den Umfragen sprechen sich derzeit knapp über 40 Prozent der Abstimmungswilligen gegen den Antrag zur Abschaffung der Steuerzuckerln aus. Ähnlich wie beim Votum über die Goldinitiative am Sonntag wird von Meinungsforschern ihre Ablehnung erwartet.

Aber Überraschungen sind möglich, zumal in den vergangenen Jahren bereits fünf Kantone, darunter Basel-Stadt, die Pauschalbesteuerung abgeschafft haben. Die Steuerverwaltung in Basel hat bisher stets erklärt, dass keine Steuerausfälle zu beklagen waren. Einige Reiche zogen weg, dafür kamen andere nach. (András Szigetvari, DER STANDARD, 26.11.2014)