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Ein Portweinshop in Porto.

Foto: AP/Paulo Duarte

Dominic Symingtons Familie besitzt mit Warre, Dow, Graham, Smith Woodhouse, Cockburn's und Quinta do Vesuvio gleich mehrere der großen Portweinhäuser der Welt.

Foto: Gerd Kressl

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Im Mikroklima des Douro-Tals im Norden Portugals gedeihen große, langlebige Portweine.

Foto: AP/Giovanna Dell'Orto

STANDARD: In Österreich war Port lange Zeit kein großes Thema, das ändert sich nun langsam. Wie kann man mehr Menschen dafür interessieren?

Dominic Symington: Das liegt am fehlenden Wissen. Die Frage, ob man jetzt einen Tawny, einen Vintage oder einen Ruby trinken soll, verursacht schlicht Unsicherheit.

STANDARD: Viele halten Port für kompliziert, selbst Weininteressierte. Muß Port einfacher werden?

Symington: Portwein ist nicht komplizierter als Wein aus dem Burgenland, aus Bordeaux oder aus jeder anderen Region: Wenn jemand Freude an Wein hat, kennt er viele Rebsorten und hat eine Idee von den Stilen. Bei Port haben wir die beiden Großfamilien: die Rubys, die kurz im Holzfass lagern, und die Tawnys, die lange im Holzfass reifen - hier die Ruby-Familie, mit ihrer Intensität, den dunklen Früchten und all der Würze, auf der anderen Seite die Tawnys mit ihren milderen, nussigen Aromen. Und wie in vielen Großfamilien, gibt es kleinere Linien, wie Vintage Ports oder LBV, die zur Ruby-Familie gehören, oder Tawnys, die sich in Zehn-, Zwanzig- oder Vierzigjährige aufteilen.

STANDARD: Muss das Rad also nicht neu erfunden werden?

Symington: Port ist köstlich, so wie er ist, in seiner ganzen Vielfalt. Warum sollte man etwas ändern, das gut ist? Was wir aber tun sollten, ist ihn so zu zeigen, dass die Menschen diese Vielfalt auch annehmen können. Dabei geht es um Wissensvermittlung nicht um eine Neuerfindung des Rades.

STANDARD: Wo setzt man dabei an?

Symington: Wir können uns dabei ja helfen lassen – von Sommeliers zum Beispiel oder von Leuten, die uns in einer Vinothek beraten. Die Art wie Port serviert wird ist essentiell. Viele Ports fristen ein Dasein am Getränkewagen einer Bar. Oft kommt er zu warm ins Glas, Port sollte aber wie Rotwein leicht gekühlt serviert werden. Das bringt die vielen Aromen am Besten heraus. Der halbe Spaß beim Weintrinken ist doch das Riechen.

STANDARD: Port zu Blauschimmelkäse oder zum Schoko-Dessert sind Klassiker ....

Symington: Hier kann man mit Käsearten sehr gut spielen: intensiv würzige Käse mit ausgeprägten Aromen, die sehr gut zu Vintage, LBV oder Rubys passen. Und dann gibt es Arten wie Camenbert, zu dem ein Tawny wesentlich besser paßt, vorausgesetzt der Käse ist reif. Ich persönlich liebe Roquefort, aber dazu möchte ich überhaupt nichts trinken. Der Käse ist per se viel zu salzig für die Säure eines Ports. Aber reifer Stilton wieder, der wesentlich milder, fast süß ist, paßt fantastisch zu einem Ruby-Typ. Starke Aromen wie in einem Schokoladesoufflé passen ebenfalls fantastisch zum Ruby oder Vintage, ich würde keinen Tawny-Port zur Schokolade geben. Den dafür aber zu getrockneten oder gekochten Früchten, Bratäpfel zum Beispiel oder Tarte Tatin (Anm. Apfelkuchen mit einer Karamellschicht).

STANDARD: Abenteuerlust verhilft also zu schöneren Geschmackserlebnissen ...

Symington: Am wichtigsten ist: Man kann keine Fehler machen. Es wird Kombinationen geben, die Ihnen nicht schmecken, die aber vielleicht ihr Nachbar göttlich findet. Und umgekehrt.

STANDARD: Aber Käse und Desserts können ja nicht alles gewesen sein?

Symington: In Deutschland haben wir Spitzenköche eingeladen, zu Port zu kochen. Die einzige Regel lautete - keine Schokolade, keinen Käse. Die Ergebnisse waren faszinierend. Die ungewöhnlichste Kombination kam von Christian Lohse (Anm. Fischers Fritz, Berlin): Mango, Räucheraal, beides aufgeschnitten deckten eine frische Gänseleberkugel ab. Mango ist süß, hat aber auch einiges an Säure, der geräucherte Aal ist sehr fett und hat rauchige Noten. Dazu gab es einen 40jährigen Tawny mit hoher Säure, sehr konzentriert, mit allen möglichen Nussaromen: Mandeln, geröstete Haselnüsse, Walnuss und auch mit Karamelnoten, die durch die Reife entstehen. Auf die Kombination wäre ich nie gekommen. Wieder einmal gilt: Man kann nichts falsch machen, selbst wenn man alle gängigen Regeln bricht.

STANDARD: Was würden sie jenen ans Herz legen, die keine Profiköche in der Hinterhand haben?

Symington: Offen bleiben und mit Essen und Wein spielen. Jegliche Art von Wild passt bestens zu einem jüngeren Vintage Port oder zur LBV, ebenso alles, das sehr viel Fett hat, Entenbrust zum Beispiel. Die Vielschichtigkeit, Säure und Süße des Weins balanciert die Süße des Fetts aus, die für einen trockenen Wein wieder zu dominierend ist. Nicht aber für einen Port. Auf alle Fälle kann man dabei viel Spaß haben. Wenn es schiefgeht, dann haben wir etwas gelernt und probieren eben etwas Neues. Am Althergebrachten festzuhalten - zu Fisch nur Weißwein, zu rotem Fleisch nur Rotwein - ist doch langweilig.

STANDARD: Geht es bei Port nicht sehr viel um Tradition und Althergebrachtes?

Symington: Tradition sollte man schon respektieren. Aber wir können viele der exzessiven Formalitäten rund um Wein entmystifizieren. Die Weinwelt hat in der Vergangenheit die Nase etwas hoch getragen. All das können wir runterbrechen auf "just enjoy" – auf die Freude am Schmecken. Das heißt aber nicht, dass eine bestimmte Weinfamilie einfacher werden muss, dabei würde man viel verlieren. Im Grund läuft es auf eines hinaus: Nichts ist falsch. (Luzia Schrampf, Rondo, DER STANDARD, 28.11.2014)