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Spar soll Preise abgesprochen haben, eine erste Verurteilung liegt jetzt vor.

Foto: APA/Neubauer

Wien - Das Muster ist stets das gleiche. Handelsketten lassen sich von ihren Lieferanten sicherstellen, dass deren Ware bei ihren direkten Mitbewerbern nicht günstiger zu haben ist. Begünstigungsklausel nennt sich die beliebte Praxis, oder Verkaufspreisempfehlung - die freilich alles andere als unverbindlich ist. Höhere Preise für die Zulieferer gibt es nur dann, wenn sie nachweisen können, dass auch die Konkurrenz im Handel synchron nach oben zieht. Als einfachstes Beweismittel dienen Kassenbelege.

Richterin Anneliese Kodek bezeichnet es als "Preismoderation": keine Absprache im klassischen Sinn, sondern subtiler, freilich mit dem gleichen schädigenden Zweck.

Kodek verkündete am Mittwoch, vor dem Kartellgericht am Wiener Oberlandesgericht einen ersten Teilbeschluss rund um den Vorwurf der Preisabsprachen der Supermarktkette Spar mit ihren Lieferanten. Der mediale Andrang war groß, das bisher nicht rechtskräftige Urteil kostengünstig.

Saure Milch

Mit drei Millionen Euro muss Spar büßen, sich bei Molkereiprodukten mit der Industrie in Österreich unerlaubt abgestimmt zu haben. Zum Vergleich: Rivale Rewe berappte vor mehr als einem Jahr für ähnliche Vergehen knapp 21 Millionen Euro. Rewe hatte sich zuvor mit der Wettbewerbsbehörde via Settlement auf ein Schuldanerkenntnis geeinigt. Spar-Chef Gerhard Drexel hingegen ging in die Offensive und trug das Verfahren vor Gericht aus. Richterin Kodek erklärt das geringere Bußgeld damit, dass es bei Spar auf lediglich eine Produktgruppe im Zeitraum von 2002 bis 2012 bezogen ist. Bei Rewe betraf es 20 Warengruppen über eine Zeitspanne von fünf Jahren.

Kritik an der Kartellbehörde

Bei 16 weiteren Produktgruppen ist das Verfahren noch anhängig. Es fehlt belastendes Beweismaterial, da vieles noch versiegelt ist. Der weitere Verlauf hängt davon ab, ob die Justiz die Versiegelung aufhebt. Wie der STANDARD berichtete, ermittelt an anderen Fronten auch die Korruptionsstaatsanwaltschaft. Es geht um Verdacht auf versuchte Bestimmung Drexels zu Amtsmissbrauch. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Anders als die Wettbewerbsbehörde (BWB) bezeichnet Kodek Spar sehr wohl als kooperativ. Dass der Konzern im Zuge der Hausdurchsuchungen Unterlagen versiegeln ließ, könne ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden - vielmehr habe die Behörde Fehlentscheidungen getroffen. So sei die Razzia im Jänner 2013 nur kurz vor Inkrafttreten einer Gesetzesnovelle durchgeführt worden: Zwei Monate später wäre die Totalversiegelung von Dokumenten nicht länger möglich gewesen. Auch dass sich Spar auf kein Settlement einließ, sei nicht als unkooperativ zu werten, sagt Kodek - die "befremdliches Verhalten" der BWB ortet.

Nur ein Strafzettel

Michael Böheim bezeichnet das Bußgeld von drei Millionen Euro "als Strafzettel, der nicht wehtut und keinerlei abschreckende Wirkung zeigt". Der Wifo-Wettbewerbsexperte erwartet, dass die Lebensmittelbranche formal künftig vorsichtiger agiert. Materiell werde sich wenig ändern. "Es werden andere Prozesse gewählt." Böheim appelliert, kartellrechtliche Tatbestände ins Strafrecht aufzunehmen. Denn auch höheres Bußgeld bringe wenig, solange persönliche Konsequenzen für verantwortliche Manager fehlten. Nicht umsonst seien viele internationale Konzerne Stammgäste bei Kartellbehörden. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 27.11.2014)