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Erst mit Google und Medienkonzernen reden: Wettbewerbskommissarin Vestager.

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"Keine Zerschlagung", sagt Digitalkommissar Oettinger.

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Straßburg/Brüssel/Wien - Gerade rechtzeitig ließ der neue Digitalkommissar die Öffentlichkeitsarbeiter von Google merklich aufatmen: Keine Zerschlagung und keine Enteignung" werde es mit ihm geben, entlockte der frühere Wirtschaftswoche-Chefredakteur Roland Tichy Günther Oettinger Montagabend bei einer Veranstaltung und zitierte den deutschen Kommissar in seinem Blog: Solche drastischen Maßnahmen wären "Instrumente der Planwirtschaft, nicht der Marktwirtschaft".

Gerade rechtzeitig, damit das jährliche gesellige Beisammensein von Google-Presseleuten mit österreichischen Journalisten seinen denkwürdigen Titel nicht kurzfristig ändern musste: "Google-Gansl-Gaude" nennen die hiesigen Statthalter des US-Suchmaschinenkonzerns diese Einladung für Medienleute. Diesmal wenige Stunden, bevor das EU-Parlament über eine Aufspaltung von Google abstimmt.

"Gaude" gewahrt

Nun kann das EU-Parlament eine solche "Zerschlagung", wie es rasch hieß, nur anregen, aber nicht durchsetzen. Aber bei Google nimmt man die Resolution definitiv ernst. Das war nicht alleine bei der "Gaude" in Hollmans Salon zu bemerken.

Google mobilisierte offenbar mit einigem Erfolg auch US-Diplomatie und -Abgeordnete: Die US-Mission in Brüssel etwa ließ verlauten, sie nehme die geplante Resolution des EU-Parlaments "besorgt" zur Kenntnis. Die US-Botschaft verlangte ein "objektives und unparteiisches" Verfahren, um etwaige Wettbewerbshindernisse und Maßnahmen dagegen zu identifizieren. Die Note warnte ausdrücklich vor einer "Politisierung" des Themas. "Ein unüblicher Schritt", merkte das Wall Street Journal an.

Die Financial Times berichtet von einer anderen "seltenen und konzertierten Aktion" von US-Politikern zum Thema: In mehreren Briefen warnen die Fraktionschefs von Republikanern und Demokraten im Finanzausschuss des Senats und Abgeordnete vor negativen Folgen für die Wirtschaftsbeziehungen, wenn die EU gegen Konzerne wie Google vorgeht; ebenso vor abschreckender Wirkung auf Investitionen von US-Onlinefirmen. Der Vorsitzende des Rechtsausschusses im US- Abgeordnetenhaus äußerte seine "Besorgnis" und warnte ebenfalls vor einer politischen, nicht auf Recht und Fakten fußenden Entscheidung des EU-Parlaments.

Die Resolution sieht als letztes Mittel eine Trennung von Suchmaschine und anderen kommerziellen Aktivitäten vor. Die Maßnahme meint unverkennbar Google, auch wenn der Konzern in Entwürfen nicht genannt wurde. Die EU-Kommission müsse grundsätzlich verhindern, dass Suchmaschinen eigene Angebote vorreihen.

Vorgehen "mit Maß und Ziel"

Das Ziel neutraler Suchergebnisse verfolgt ein schon seit 2010 laufendes Verfahren der EU-Wettbewerbsbehörden gegen Google. Mehrere Kompromissvorschläge wurden ausgearbeitet und schließlich verworfen - zuletzt auch auf Betreiben des damaligen Energiekommissars Oettinger. Der findet wettbewerbsrechtliche Maßnahmen gegen Googles Marktmacht - rund 90 Prozent der Suchanfragen - sinnvoll. Aber "mit Maß und Ziel", ließ Oettinger diese Woche noch verlauten.

Die neue Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager kündigte bisher vor allem an, dass die Prüfung noch Zeit brauche. Sie wolle mit den Beteiligten sprechen: Google einerseits, europäischen Medienkonzernen andererseits. Mathias Döpfner, Vorstandschef von Springer (Bild, Die Welt), greift Google regelmäßig an, ebenso Burda. Beide sind selbst hochaktiv im Digitalgeschäft.

Bei Google verweist man an diesem Punkt gerne auf den Wahlkreis des EU-Abgeordneten Andreas Schwab (CDU), eines der Initiatoren der Google-Resolution: Offenburg, zugleich Sitz des Medienkonzerns Burda.

Leistungsschutz

Der Anwalt arbeite zudem in derselben (großen) Rechtsfirma CMS Hasche Sigle wie Ole Jani, der wesentlich am deutschen Leistungsschutzrecht arbeitete.

Das EU-Parlament soll Donnerstag am frühen Nachmittag über die - rechtlich nicht bindende - Resolution abstimmen. (red, DER STANDARD, 27.11.2014)