Das Universum der Fondsmanager ist groß. Manche Sterne scheinen sehr hell, andere verblassen wieder.

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Bill Miller schlug 15 Jahre lang den S&P500.

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Bill Gross - seit er Pimco verlassen hat, haben Investoren Milliarden aus seinem Anleihenfonds abgezogen.

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Friedrich Erhart verlässt Pioneer Investments Austria.

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Was wäre die Wirtschaftswelt ohne Stars und Sternchen? Sie füllen Stadien, Konzertsäle und auch die Kassen von Investmenthäuser. Volkswirte beschäftigen sich nicht erst seit dem globalen Aufstieg Hollywoods mit der "Superstar-Ökonomie". Fondsgesellschaften und Investmenthäuser haben den Wert von wiedererkennbaren Gesichtern und Kapitänen an der Spitze ihrer Produkte schon lange erkannt. Doch was bringen die Stars der Finanzbranche den Fondsgesellschaften, Anlegern und Investoren?

Stars sind auf jeden Fall entscheidend für den Absatz. Sie locken Investoren an und stehen für die Unverwechselbarkeit eines Investmentansatzes. Das populärste und aktuelleste Beispiel ist wohl der Aufstieg und vorläufige Fall von Bill Gross. Der Gründer von Pimco, einem der größten Anleihenhäuser der Welt, war ein Starfondsmanager, wie er im Buche stand. Er verwaltete den größten Anleihenfonds der Welt mit einem Vermögen von zeitweise mehr als 280 Milliarden Dollar. Seine Investmentnotizen gehörten zur absoluten Pflichtlektüre für die Branche und Finanzmedien rissen sich um Interviews und Stellungnahmen von ihm.

Fürstlich entlohnter König

Finanzjournalisten und Branchenkenner haben dem Milliardär wegen seiner langen Phase mit guten Ergebnisse in seinen Fonds den Titel "Bond King", König der Anleihen, verliehen. Gross konnte seinen Titel auch finanziell vergolden. Er wurde fürstlich entlohnt. 2013 - in einem Jahr, in dem es für die von ihm verwaltete Strategie nicht gerade gut lief - verdiente Gross dennoch 290 Millionen Dollar. Das will das Finanznachrichtenportal Bloomberg erfahren haben. Pimco und die Muttergesellschaft, der deutsche Versicherungskonzern Allianz, schweigen dazu beharrlich. Aus München verweist man nur auf die Gewinnbeteiligung, die sich die Mitgründer wie Gross bei der Übernahme Pimcos durch die Allianz im Jahr 2000 ausbedungen haben.

Doch was ist bei dem Anleihenkönig schief gelaufen? Warum kam es zu dem jüngsten Paukenschlag, seinem Weggang von Pimco und dem Abfluss von gut und gerne 100 Milliarden Dollar an Investorengeldern?

Die Probleme von Gross sind exemplarisch für die Fondsbranche. Sie haben mit drei Themen zu tun, die von den Marketing-Abteilungen der Investmenthäuser zwar immer vehement bestritten werden, im Fondsgeschäft aber wichtig sind:

  • 1. Größe,
  • 2. Teamfähigkeit und
  • 3. Kosten.

Bei Gross sind alle drei Faktoren am Ende schlagend geworden. Sein Fonds war massiv angewachsen, alleine 2008 bis 2010 sind die zu verwaltenden Assets um mehr als 100 Milliarden Dollar gestiegen. Mehr Volumen bringt aber auch mehr Probleme mit sich - selbst in einem großen Markt wie dem Anleihenbereich. Während Gross mit seinem Fonds seit der Gründung im Jahr 1987 der beste Anleihenmanager war (das Kapital eines hypothetischen Anlegers, der 1987 Fondsanteile zeichnete, hat sich verachtfacht), ist er auf Sicht der vergangenen fünf Jahre nur noch Durchschnitt. Das ist ausgerechnet die Zeit, als der Fonds mehr als 200 Milliarden Dollar an Kundenvermögen aufgehäuft hat.

Zudem hat es zwischen Gross und seinem Vize bei Pimco, dem Investmentexperten Mohamed El-Erian, Verstimmungen gegeben, die zu dessen Rückzug geführt haben. Daraufhin hat sich Gross auch mit Eigentümervertretern verkracht. Sein Führungsstil war plötzlich Thema von Artikeln und Kolumnen in diversen Medien.

Qualitative Faktoren

Die Teamfähigkeit fällt unter die schwer messbaren qualitativen Faktoren bei der Fondsauswahl. Wenn in Privatbanken, bei Dachfonds oder im Bankenvertrieb überlegt wird, welche Produkte gekauft oder verkauft werden sollen, dann spielen solche Überlegungen auch immer eine Rolle. Sie lassen sich nur "deutlich schwieriger messen, man muss sich stark auf seine Menschenkenntnis verlassen", sagt etwa ein Fondsselektor einer heimischen Fondsgesellschaft.

Investoren müssen auch immer wieder die Teamfrage stellen. Sind Starfondsmanager Einzelkämpfer oder auf gute Mitspieler angewiesen? Im Fußball etwa kann sich ein Starstürmer nach einem Vereinswechsel bei seinem neuen Team sehr schwer tun, insbesondere wenn er keine guten Passgeber vorfindet. Auch die jüngste Investmentgeschichte ist voll von Fondsmanagerwechsel, die nicht so glatt gelaufen sind.

Ein abschreckendes Beispiel ist Raphael Kassin, ab 1998 neun Jahre erfolgreicher Manager eines Schwellenländer-Anleihenfonds bei ABN Amro. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere hat der gebürtige Brasilianer knapp sechs Milliarden Euro verwaltet. Er war bei Investoren bekannt (und beliebt) für seine aggressiven Positionen. 2007 hat er einen neuen Job bei der Schweizer Bank Credit Suisse angenommen. Innerhalb weniger Tage waren Milliarden aus seinem alten Fonds abgezogen worden. Vor allem Institutionelle Investoren wie Dachfondsmanager und Versicherungen hatten Mittel aus dem Fonds genommen. Kassins Abgang war sogar auf dem argentinischen Anleihenmarkt spürbar.

Bei Credit Suisse aber hat Kassin nicht so schalten und walten können wie erwartet. 2008 machte noch dazu die Finanzkrise einen Strich durch die Rechnung. Zwei Jahre später verließ er die Credit Suisse auch wieder.

Rush to the door

Während die Stars ihren Fondsgesellschaften viel bringen (vor allem Assets), ist die Bilanz für Fondsinvestoren weniger eindeutig. Analysten von Morningstar oder Lipper zeigen in ihren Studien, dass Anleger von den Stars weniger haben, als ein Blick auf die vergangene Performance einer Strategie erahnen lässt. Ein Grund dafür ist, dass der Rückzug eines Fondsmanagers oft zu einem "rush to the door" führt. Investoren ziehen innerhalb kurzer Zeit Milliarden ab, was zu Notverkäufen bei den Fonds führen kann. Das ist bei liquiden Aktien kein Problem, kann bei Derivaten und exotischen Papieren aber zu Verlusten führen. Und eine Überraschung sind die Wechsel nahezu immer.

So war es etwa regelrecht ein Schock, als im April der Star-Aktienfondsmanager Neil Woodford die britische Fondsgesellschaft Invesco verlassen hat, um sich selbstständig zu machen. Ihm folgten Anleger mit Milliarden Pfund an Kapital nach, das von Invesco abgezogen wurde.

Kleiner Mehrwert

Stars sorgen aber nicht nur für Chaos bei ihrem Wechsel. Selbst während ihrer Zeit an der Spitze ihrer Investmentprodukte steigen ihre Anleger nicht annähernd so gut aus wie sie selbst. Ein Beispiel dafür ist der bekannte US-Fondsmanager Bill Miller. Er hat 15 Jahre lang den US-Index S&P 500 geschlagen - von 1991 bis 2005. Derart konsequent besser zu sein als der Markt, noch dazu in den USA, hat vor ihm und nach ihm keiner geschafft. In den US-Finanzmedien wurde er als Superstar gefeiert. Sein Fonds hat zwischen 1991 und 2005 mehr als 16,4 Prozent annualisiert gebracht. Der vergleichbare Aktienindex lag bei 11,4 Prozent.

Was könnte daran schon problematisch sein? Miller hat mit seinem Fonds nachgewiesener Maßen den Index geschlagen, also das gemacht, was nach den Regeln der Kapitalmarktkunst "Mehrwert schaffen" heißt. Doch von diesem Mehrwert hatte kaum wer etwas. Denn der Segen der tollen Vergangenheit wurde zum Fluch. Der gute Ruf hat zu massiven Mittelzuflüssen in seinen Fonds, dem "Legg Mason Capital Management Value Trust" geführt. Es ist das eine, mit einem kleinen, wendigen Fonds im Kapitalmarkt nach Perlen zu suchen, aber eine ganz andere Aufgabe, mit einem milliardenschweren Produkt durch den Kapitalmarkt zu manövrieren.

Dazu kommt noch etwas. Fondsanleger investieren selten taktisch klug. Sie kaufen dann, wenn eine Anlageklasse gut gelaufen ist, also nach Jahren der guten Erträge mit chinesischen Aktien etwa in Schwellenländer-Aktienfonds. Das war auch bei Miller so. Sein Fonds verzeichnete hohe Mittelzuflüsse nachdem Aktien ein besonders gutes Geschäft waren. Die Konsequenz: Der durchschnittliche Fondsanleger hatte von dem glücklichen Händchen des Mr. Miller sehr wenig. Gewichtet man Millers Rendite nach der Größe des Fonds, ist seine Erfolgsgeschichte weniger glorreich. Denn der durchschnittliche Anleger verdiente laut einer Morningstar-Analyse zwischen 1991 und 2005 mit dem Fondsinvestment nur 11,3 Prozent, geringfügig weniger als mit dem Aktienindex. Kaufen und verkaufen zum falschen Zeitpunkt hat die gesamten Mehrerträge durch den Fondsmanager aufgefressen.

Hohe Gebühren belasten

Doch nicht nur das persönliche Fehlverhalten von Investoren verhindert, dass sie die hohen Gewinne der Superstar-Manager für sich selbst verbuchen können. Langfristig laufen sie auch wegen der hohen Gebühren bei vielen aktiven Fonds ihren Hoffnungen hinterher. Zu dieser Erkenntnis kommt etwa der Finanzforscher Russ Wermers in einer Reihe von Untersuchungen. Seinen Studien zufolge können nur eine Handvoll Fondsmanager nachhaltig ihre Kosten erwirtschaften "und im Vorhinein lassen sich diese auch kaum identifizieren".

Wenn die Sache also so klar und ernüchternd ist, warum gibt es sie dann, die Superstar-Investoren? Eine Antwort gibt David Tuckett, Ökonom und Psychoanalytiker, der für das CFA Institute die Rolle von Emotionen in der Fondsindustrie untersucht hat.

Seine Umfragen und Studien legen nahe: Fondsmanager werden von Anlegern gerne als "phantastic objects" gesehen. Investoren hätten viel Fantasie, wenn sie in einen Fonds investieren und setzen dabei auf die Produkte, die in der Vergangenheit gut abgeschnitten haben. Selbst das von Finanzaufsichtsbehörden verlangte große Warn-Label "die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist keine Garantie für die künftige Entwicklung" hält die meisten Anleger nicht davon ab, genau jenen Fondsmanagern hinterherzulaufen, die in der Vergangenheit gut abgeschnitten haben.

Neuer Mann für Österreich-Fonds

Selbst im relativ kleinen Fondsmarkt Österreich sind Fondsmanagerwechsel ein Thema. So wird STANDARD-Informationen zufolge Friedrich Erhart künftig nicht mehr den größten Österreich-Aktienfonds, den Pioneer Austria Stock, verwalten. Erhart hat den heimischen Vergleichsindex ATX über Jahre hinweg geschlagen und damit immer wieder für Furore gesorgt. Angesichts der schwachen Lage am österreichischen Aktienmarkt ist das verwaltete Volumen aber seit 2007 um knapp die Hälfte auf knapp 250 Millionen Euro gefallen. Andreas Wosol wird den Fonds künftig managen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Aus dem Stoff der Vergangenheit sind die Stars von morgen gemacht, und mit ihnen die erwartbaren Enttäuschungen vieler Investoren. (Lukas Sustala, Portfolio, DER STANDARD, 2014)