Die SPÖ hat den Entwurf für ein neues, vereinfachtes "Universalmietrecht" vorgelegt (Download siehe unten). Es soll für alle Wohneinheiten gelten, die mindestens 20 Jahre alt sind. In diesen Wohneinheiten soll bei Neuvermietungen der monatliche Basiszins 5,50 Euro pro Quadratmeter ausmachen, fix definierte Zu- und Abschläge für Lage, Ausstattung und energetische Qualität sind möglich.

Neue "Normwohnung"

Wesentlicher Bestandteil des Entwurfs ist die neue Definition der sogenannten "Normwohnung" mit durchschnittlicher Ausstattung und durchschnittlicher Lage. Sie ist demnach 30 bis 150 Quadratmeter groß, weist Kochgelegenheit, WC, Badezimmer, Heizung sowie Anschlussmöglichkeiten für Haushalts- und Mediengeräte auf, außerdem eine Gegensprechanlage, Aufzug und Mindestenergiestandard Klasse C.

Fehlt etwa ein zeitgemäßes Bad in der Wohnung, soll ein Abschlag von 40 Prozent gelten, so der Entwurf. Ist keine Küche vorhanden, beträgt der Abschlag 15 Prozent. Aufschläge gäbe es beispielsweise für das Vorhandensein einer Terrasse (sieben Prozent, wenn sie bis 15 Quadratmeter groß ist, darüber 10 Prozent), eines Kinderwagen-/Fahrrad-/Hobbyraums oder einer Waschküche (je 1 Prozent) oder bei Barrierefreiheit des Hauses und der Wohnung (jeweils 5 Prozent). Wohnungen in einem Gebäude mit einem Gesamtenergieeffizienz-Faktor von 1 oder darunter (zum Beispiel Passivhaus) könnten mit einem Zuschlag von 10 bis 15 Prozent vermietet werden, ist die energetische Qualität des Hauses schlechter, gibt es entsprechende Abschläge.

"Lagegebietsklassen"

Beim umstrittenen Thema Lagezuschlag schwebt der SPÖ vor, dass es künftig fünf "Lagegebietsklassen" geben soll. Diese sollen auf regionaler Ebene – von den Ländern beziehungsweise Bezirken – per Verordnung festgelegt werden.

Bei schlechter oder sehr schlechter Lage soll es 5 beziehungsweise 10 Prozent Abschlag geben, bei guter oder sehr guter Lage entsprechend hohe Zuschläge, wie SPÖ-Bautensprecherin Ruth Becher in einer Pressekonferenz erklärte.

Gültig für 20 Jahre alte Wohnungen

Neu errichtete Wohnungen, die nicht gefördert wurden, sollen grundsätzlich in den ersten 20 Jahren zu einem freien Mietzins vermietet werden können. Das sei auch als "Investitionsanreiz" zu verstehen, so Becher. Danach soll der neue Regelmietzins gelten. In bestehende Verträge soll nicht eingegriffen werden.

Die 5,50 Euro errechnen sich aus dem Medianeinkommen der österreichischen Haushalte, das zuletzt bei 1.544 Euro lag. Die Brutto-Wohnkosten (inklusive Betriebskosten und Umsatzsteuer) sollten nämlich nicht mehr als 25 Prozent dieses Medianhaushaltseinkommens ausmachen, sagte die SP-Abgeordnete.

Ein Basiswert für ganz Österreich

Der neue Basismietzins soll für ganz Österreich gelten und damit die seit 1994 geltenden Richtwerte für die Bundesländer ablösen. In Wien beträgt der Richtwert aktuell 5,39 Euro, dazu kommen bisher kaum definierte Zu- und Abschläge.

Der SP-Vorschlag sieht auch vor, dass der Vermieter seine Kalkulation der Miete, also welche Zu- und Abschläge er für welche Bestandteile verrechnet, im Mietvertrag auflisten muss.

Neuer Betriebskosten-Katalog

Befristete Mietverträge soll es laut dem Entwurf zwar weiterhin geben, empfindliche Abschläge bis zu 40 Prozent sollen aber helfen, diese weitgehend einzudämmen. Konkret enthält der Entwurf den Vorschlag, bei Befristung bis zu fünf Jahren einen 40-prozentigen Abschlag geltend zu machen. Beträgt die Befristung mindestens 15 Jahre, sind es 20 Prozent, dazwischen 30 Prozent.

In Sachen Betriebskosten schlägt die SPÖ vor, dass die vom Hausbesitzer zu zahlenden Grundsteuern und Hausversicherungsprämien nicht mehr mit den Betriebskosten an die Mieter weiterverrechnet werden dürfen, sondern aus der Hauptmietzinsreserve zu zahlen sind.

Gültig auch für Wohnbauinitiativen-Projekte

SP-Bautensprecherin Becher will den Entwurf nun mit ihrem ÖVP-Pendant Johann Singer verhandeln. Gespräche konnten noch im Dezember starten, sagte sie auf der Pressekonferenz. Nächste Woche wird zunächst im Plenum des Hohen Hauses die jüngste Minimal-Mietrechtsreform abgesegnet, danach könne man starten, so Becher.

Von dem möglichen neuen Mietrechtssystem ausgenommen werden sollen laut der SP-Abgeordneten wirklich nur solche Objekte, die unter den Bedingungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) errichtet werden – also Wohnhäuser von gemeinnützigen Bauträgern und/oder Wohnungen, die gefördert errichtet werden. Objekte der derzeit laufenden Wiener Wohnbauinitiative, wo man bei der Mietzinsregulierung bekanntlich den umgekehrten Weg geht – in den ersten zehn Jahren eine gedeckelte, danach bei Neuvermietung eine frei vereinbarte Miete –, sollten laut Becher nach 20 Jahren genauso unter das neue System fallen wie gänzlich frei finanzierte Gebäude.

Reaktionen: MVÖ ist Basismiete noch zu hoch

Nadja Shah, Bundesgeschäftsführerin der SP-nahen Mietervereinigung, zeigte sich im Gespräch mit derStandard.at in einer ersten Reaktion durchaus angetan von dem Entwurf, kritisierte aber eine weiterhin fehlende "Maximalmiete" sowie den Umstand, dass der Basiswert von 5,50 Euro ihrer Ansicht nach "noch zu hoch" sei.

Positiv äußerte sich naturgemäß auch der Wiener SP-Wohnbaustadtrat Michael Ludwig. Der Entwurf erfülle "eine Vielzahl an langjährigen Forderungen". Jetzt gehe es darum, die dringend notwendige Reform auch rasch umzusetzen.

Grüne: "ÖVP soll Blockade aufgeben"

Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser begrüßte in einer Aussendung ebenfalls den Entwurf, verlangt aber einen "Mietgipfel mit allen Parteien und Mieter- und VermietervertreterInnen".

Das von Becher vorgelegte Paket entspreche "in vielen Punkten dem grünen Mietrechtsmodell", so Steinhauser. Das Problem sei aber, "dass jeder Reformansatz von der VermieterInnenseite heftig torpediert und von der ÖVP blockiert wird. Die ÖVP soll sich endlich an den Verhandlungstisch begeben und ihre Blockadehaltung aufgeben."

ÖVP will Entwurf "diskutieren"

Die angesprochene Volkspartei äußerte sich am Nachmittag recht vage zu dem SPÖ-Entwurf. Bautensprecher Singer will sich die Vorschläge "genau ansehen und in der Folge unsere Vorstellungen mit dem Koalitionspartner diskutieren". Man wolle die "guten und konstruktiven Verhandlungen weiter fortsetzen, um gemeinsam zu einer Lösung zu kommen, die für die Bürgerinnen und Bürger von Vorteil ist", fuhr Singer fort.

Man wolle bei der nächsten Verhandlungsrunde "auch auf die Bedürfnisse und Anforderungen der Bundesländer eingehen, nachdem das SPÖ-Papier doch im Wesentlichen auf die Stadt Wien fokussiert ist", so der ÖVP-Bautensprecher.

"Klare Ablehnung" vom ÖVI

Eine "vehemente" Ablehung kam vom Österreichischen Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI). "Ein derartig eigentumsfeindlicher und realitätsfremder Entwurf kann keine taugliche Basis für ein gemeinsames Gespräch über ein neues Mietrecht sein", erklärte Präsident Georg Flödl in einer Aussendung. "Mit diesem Entwurf ist schwarz auf weiß dokumentiert, warum das Justizministerium die Expertengespräche kurzerhand für gescheitert erklärt hat. Diese Extrempositionen wurden nämlich auch dort schon von AK und SPÖ-nahen Mietervertretern eingefordert."

Die "willkürliche Festlegung eines realitätsfernen Mietzinses" mache es unwahrscheinlich, "dass auch nur ein Bauträger ein solches Projekt angeht, selbst wenn er in den ersten Jahren einen freien Mietzins vereinbaren könnte". Die "so notwendige Erhöhung der Neubauleistung in den Ballungszentren und die Verdichtung im innerstädtischen Bereich (Dachbodenausbauten)" würden damit "in weite Ferne rücken", ergänzte ÖVI-Geschäftsführer Anton Holzapfel.

"Klares Nein" auch von der WKÖ

Auch von der Fachgruppe der Immobilientreuhänder in der Wiener Wirtschaftskammer kam ein "klares Nein" zu dem Entwurf. "Ein staatlich festgelegter Basismietzins mit fixiertem Lagezuschlag ist nichts anderes als eine Mietzinsobergrenze", so Obmann Michael Pisecky in einer Aussendung. "Dies ist aber ein völlig ungeeignetes Mittel, um vermietbaren Wohnraum in Ballungsgebieten zu erhalten und neuen zu schaffen."

Betroffen von dem SPÖ-Entwurf wäre vorrangig der Altbau, so Pisecky. "In Wien lohnt sich aufgrund des niedrigen Richtwertes das Vermieten vor allem in Gründerzeitvierteln schon jetzt nicht mehr. Nun soll ganz Österreich auf dieses Niveau sinken. Das Ergebnis wird sein, dass Mietwohnungen als Eigentumswohnungen verkauft werden." Immerhin positiv bewertet Pisecky den Vorschlag, den Errichtungszeitraum der Gebäude nicht mehr als Basis der Mietzinsberechnung herzunehmen.

Malloth: "De facto Enteignung"

Der Bundesobmann der Immobilientreuhänder in der WKÖ, Thomas Malloth, hält den Entwurf für "de facto eine Enteignung", einzelne Regelungsansätze seien "nicht zu Ende gedacht". Es handle sich um eine "Agglomeration von überkommenen planwirtschaftlichen Elementen, die in einer modernen Volkswirtschaft nichts verloren haben", so Malloth in einer Aussendung.

Den Vorschlag, auf Landes- oder Bezirksebene "Lagegebietsklassen" zu schaffen, hält Malloth für "realitätsfremd", denn "dass der Landeshauptmann verpflichtet werden soll, in jedem (!) Bezirk wesentliche Teile als 'sehr schlechte Lage' zu definieren, für die dann ein Lageabschlag von 10 Prozent veranschlagt werden muss, kommt einer Zwangsdiskriminierung einzelner Gebiete gleich". Ein solches Abschieben von komplexen Regelungsmaterien an die Länder werde kaum zur Lösung der wirklich anstehenden Problemfelder beitragen, so der WKÖ-Fachverbandsobmann. Außerdem sei es "endlich an der Zeit, zu erkennen, dass sich viele Probleme nur über eine entsprechende Ausweitung des Wohnungsangebotes lösen lassen". Er fordert entsprechende Investitionsanreize und diesbezüglich "in erster Linie die Gewissheit, einen tragfähigen, fairen Mietzins lukrieren zu können". (Martin Putschögl, derStandard.at, 4.12.2014)