Viel Wind um Karl-Heinz Grasser beim Prozess gegen Peter Westenthaler. Die Frisur sitzt.

Foto: Standard/Heribert Corn

Live-Gerichtszeichnung von STANDARD-Cartoonist Oliver Schopf.

Karikatur: Oliver Schopf

Wien - Karl-Heinz Grasser gibt sich gut gelaunt. Ja, mitunter habe er den einen oder anderen Gerichtstermin in seinem Kalender, aber "nur manchmal in Mediensachen, wenn etwas Falsches berichtet wird". Oder wenn er den früheren Steuerberater vor den Kadi zerrt.

Auch heute hätte der frühere Finanzminister, gegen den seit Jahren in diversen Zusammenhängen ermittelt wird, natürlich besseres zu tun. Einschub: Ein erster Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft in den Causen Buwog und Terminal Tower musste wegen Formalfehlern zurück an den Start. Der einst Blaue, später Parteilose beklagte vor kurzem in der "Presse" die lange Verfahrensdauer.

Good Vibrations

Trotzdem, an diesem Donnerstag im Wiener Straflandesgericht: Good Vibrations, das Haar nicht mehr ganz so wallend, die Körpersprache ruhig, die verbale auch. Meistens jedenfalls. Grasser ist als Zeuge geladen im Prozess gegen Ex-Buberlpartie-Spezi Peter Westenthaler und den Mitangeklagten Thomas Kornhoff, der sich mit dem Ex-BZÖ-Chef einst den Vorstandsposten in der Fußball-Bundesliga teilte. Der Vorwurf der Anklage: Westenthaler und Kornhoff hätten eine Million Euro, die der Bund zur Förderung des Fußballnachwuchses in Vorbereitung auf die EM 2008 bereitgestellt habe, missbräuchlich verwendet. Nämlich zur Tilgung einer Finanzschuld der Liga. Staatsanwältin Barbara Schreiber sieht die Vereine geschädigt und qualifiziert das als schweren Betrug. Westenthaler wie Kornhoff beteuern ihre Unschuld.

Zumindest Grasser glaubt ihnen. Und zwar nicht, weil die einstigen Weggefährten aus der Truppe um den verstorbenen Jörg Haider immer noch Freundschaft verbinden würde. Grasser: "Ich kenne den Peter Westenthaler seit mehr als 20 Jahren. Da hat es unterschiedliche Phasen gegeben. Wir haben uns mal mehr, mal weniger gemocht." Heute telefoniere man noch hie und da, sehe sich gelegentlich bei Veranstaltungen, aber im Wesentlichen sei die Beziehung "beruflich getrieben". Grasser pflegt heute als "Unternehmer" ein "zartes Pflänzchen".

Klingt nach Westenthaler

Aber auch 2003, als es für Westenthaler darum ging, eine Klage der Finanzprokuratur abzuwiegeln, will Grasser ihm gegenüber äußerst professionell agiert haben. Er habe klargemacht: "Pass auf, ich kann dir da nicht helfen", und Westenthaler an die Finanzprokuratur - den Schuldeneintreiber der Republik - verwiesen.

Als ihm Wolfgang Etl, der Vorsitzende des Schöffengerichts, eine Aussage Westenthalers vorliest, in der dieser dem "lieben Herrn Finanzminister" gedroht haben will, "wenn ihr uns nicht helft, melden wir Konkurs an (...) und gleichzeitig schick ich dir alle Klubs auf den Ballhausplatz, wenn ihr den Fußball ruinierts", kann sich Grasser zwar nicht mehr wörtlich erinnern. Aber: "Wer Peter Westenthaler kennt, weiß, dass das sehr realistisch klingt."

Immer wieder betont Grasser, er verstehe nicht, worauf dieses Verfahren hinauslaufen soll. Den Konnex zwischen Förderung und Steuerschuld will er nicht erkennen. Denn um den maroden Profifußball zu retten, hätte es bessere Ideen gegeben: Schuldenerlass! Grasser ist überzeugt, dass die Regierung darüber hätte Einigkeit erzielen können. Dafür hätte es nicht den komplizierten Weg gebraucht, sich "mit der Hand quer drüber rings herum" zu kratzen.

"Darf ich fragen, wer der Herr ist?"

Jetzt wird es an diesem letzten Verhandlungstag im heurigen Jahr auch vor Gericht hart im Ton. Kornhoff-Anwalt Michael Dohr will wissen, wie Grasser es mit dem Legalitätsprinzip, also dem staatlichen Handeln auf Basis der Gesetze hält. Grasser: "Lieber Herr Anwalt, ich war praktizierender Politiker, und die Sache läuft so: Sie brauchen zuerst einen politischen Wunsch. Den trägt die Regierung in den Nationalrat." Nicht anders hätte der Schuldenerlass erfolgen können. Und, by the way "darf ich, Herr Rat, fragen, wer der Herr überhaupt ist?" Fast genau die gleichen Worte waren erst vor kurzem aus dem Zeugenstand zu vernehmen. Aus dem Mund von Wolfgang Schüssel, der Grasser zum Finanzminister machte.

Eins noch, zur Bedeutung der Causa für Schüssel und Grasser: Die Fördermillion "hat den Bundeskanzler und mich vielleicht drei Minuten beschäftigt", war "ein absoluter Nebenschauplatz". Sei ja auch verständlich bei einem Budgetüberschreitungsgesetz im Umfang von 60 Milliarden Euro.

Tagesbilanz

Was sich sonst tat: Westenthalers einstiger Leibwächter relativierte im zweiten Teil der Anklage, in dem es um mutmaßliches Schmiergeld der Lotterien an das BZÖ im Abtausch für eine verhinderte Lockerung des Glücksspielgesetzes geht, seine Aussage. Jetzt soll Westenthaler doch nichts von der Verbindung 300.000 Euro für eine dürre Studie über "Responsible Gaming" gewusst haben. Bilanzen des Tages: Westenthaler nennt die Studie jetzt "Standpunkt". Grasser hat nach 60 Minuten Einvernahme eine Stunde und drei Minuten mit dem finanziellen Begehr der Bundesliga zugebracht. Und: Die beiden sind keine Freunde mehr. Die schwarzen Lederarmbänder unterm Hemd sind bloß modisches Bekenntnis. (Karin Riss, DER STANDARD, 5.12.2014)