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Staatsbegräbnis für Abu Ein.

Foto: AP/Nasser

Ramallah - Tausende Palästinenser haben bei der Beisetzung des bei Zusammenstößen mit israelischen Soldaten verstorbenen Palästinenserfunktionärs Ziad Abu Ein Rache geschworen. Nach der Autopsie erklärte ein palästinensischer Regierungssprecher am Donnerstag, die Schuld der israelischen Soldaten am Tod Abu Eins sei erwiesen.

In Erwartung neuer Proteste gegen die Besatzungspolitik wurden weitere israelische Armeebataillone im Westjordanland stationiert. "In Kenntnis der Ergebnisse der kriminaltechnischen Untersuchung macht die palästinensische Regierung Israel voll verantwortlich für die Tötung von Ziad Abu Ein", erklärte Regierungssprecher Ihab Bseiso bei einer Pressekonferenz in Ramallah. Das israelische Gesundheitsministerium nannte unter Verweis auf die Autopsie dagegen "einen Herzinfarkt ausgelöst durch eine Stresssituation" als wahrscheinliche Todesursache.

Tod nach Protestaktion

Abu Ein war Leiter der palästinensischen Beobachtungsstelle für die israelische Sperranlage und die Siedlungspolitik sowie zuvor Vizeminister für Gefangenenangelegenheiten. Der Funktionär, der gemeinhin Minister genannt wurde, war am Mittwoch zusammengebrochen, als die Armee nördlich von Ramallah mit Tränengas gegen 300 Demonstranten vorging, die gegen die Landnahme durch israelische Siedler protestierten. Sie wollten als Protestaktion Olivenbäume pflanzen.

Fotos und Videoaufnahmen zeigten, dass der 55-Jährige nach einer verbalen Auseinandersetzung von drei Soldaten hart geschubst und am Hals gewürgt wurde. Der palästinensische Minister für Zivilangelegenheiten, Hussein al-Sheikh, erklärte, "die Ergebnisse beweisen, dass die Besatzungsarmee für dieses Verbrechen verantwortlich ist. Die Todesursache war, dass Abu Ein von den Soldaten geschlagen wurde und dass sie große Mengen Tränengas einsetzten."

Autopsie

Die Autopsie wurde am Mittwochabend von jordanischen, palästinensischen und israelischen Spezialisten vorgenommen. Israels Gesundheitsministerium erklärte unter Berufung auf die israelischen Forensiker: "Die Verstopfung einer Koronararterie aufgrund eines Blutergusses unter einer Arterienverkalkung verursachte den Tod. Dieser Bluterguss kann durch erhöhten Stress ausgelöst worden sein." Am Hals seien zudem Blutergüsse und Druckstellen sichtbar.

Human Rights Watch kritisierte, die Armee sei mit unnötiger Gewalt gegen eine Protestaktion gegen Israels unrechtmäßige Besetzung des Westjordanlands und die illegalen Siedlungen dort vorgegangen. Augenzeugen, Fotos und Videos zeigten, dass der Protestmarsch friedlich war, erklärte die Menschenrechtsorganisation. Sie zitierte Augenzeugen, wonach ein Soldat Abu Ein seinen Kopf in die Brust rammte, während zwei weitere ihn am Hals packten.

"Kampf geht weiter"

Bei einer Trauerfeier für Abu Ein versammelten sich am Donnerstagmittag tausende Palästinenser in Ramallah. Viele skandierten "Wir werden Dich mit unserem eigenen Blut rächen" und "Der Kampf geht weiter". Für drei Tage galt eine Staatstrauer, Schulen blieben in Ramallah geschlossen, im ganzen Westjordanland hingen Plakate mit dem Bild des Toten. Nach einem kurzen Trauerzug wurde er auf dem "Friedhof der Märtyrer" in Al-Bireh bei Ramallah beigesetzt.

Nach der Beisetzung gab es kleinere Zusammenstöße in Psagot, Nabi Saleh, Kalandia und Hebron, wo Demonstranten Soldaten mit Steinen bewarfen. Die israelischen Armee rechnete nach den Freitagsgebeten mit weiteren Ausschreitungen im Westjordanland. Nach Angaben einer Sprecherin wurden deshalb "zwei zusätzliche Armeebataillone und zwei weitere Kompanien der Grenzpolizei in den Palästinensergebieten stationiert".

Die Palästinenserführung hatte am Mittwochabend bei einer Dringlichkeitssitzung darüber beraten, ob sie die Kooperation mit Israel zur Abwehr von Entführungen und Anschlägen beenden will. Auch eine Beschleunigung der angedrohten Schritte auf internationalem Parkett wurde diskutiert. Der PLO-Vertreter Wassel Abu Jussef sagte der Nachrichtenagentur AFP, "die Beratungen werden ununterbrochen fortgeführt". Entscheidungen würden Freitagabend bekannt gemacht. (APA, 11.12.2014)