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Markus Hinterhäuser wirbt für die Betretung des Labyrinths.

Foto: APA/Techt

Wien - Den Festwochen-Katalog 2015 ziert ein Labyrinth auf kugelschreiberblauem Grund. Wer den Irrgarten durchqueren möchte, kann sich eines Spagatknäuels bedienen, das auf der Coverrückseite abgebildet ist. Der zweite von Intendant Markus Hinterhäuser verantwortete Jahrgang kommt in seiner ganzen Reichhaltigkeit überwiegend ohne Rätsel aus. In heiterer Durchmischung der Sparten werden 39 Produktionen aus 20 Ländern angeboten. Für 238 Vorstellungen hat man 51.500 Karten aufgelegt.

In der Opernsparte wird Regisseurin Andrea Breth Bartóks Herzog Blaubarts Burg szenisch mit einem Kommentar zu Schumanns Geistervariationen verquicken (Kent Nagano dirigiert das Gustav-Mahler-Jugendorchester). Eine "zutiefst berührende" Inszenierung von Händels Jephtha, so Hinterhäuser, wird aus Potsdam eingeladen (Regie: Lydia Steier). Der greise Bilderfinder Achim Freyer wird Salvatore Sciarrinos Die tödliche Blume erblühen lassen (Klangforum Wien / Emilio Pomàrico), der eigenwillige Herbert Fritsch steuert ein "Opern-Comic" bei, Titel: Ohne Titel Nr. 1.

Einen Spagat aus Alt und Neu bewältigt Schauspielchef Stefan Schmidtke. Die Tetralogie The Apple Family Plays von Richard Nelson lädt man aus New York ein, das Moskauer Gogol-Zentrum lässt sich auf neuartige Weise auf die Toten Seelen ein (Regie: Kirill Serebrennikow). Peter Handkes Die Stunde da wir nichts voneinander wussten wird ein knappes Vierteljahrhundert nach ihrer Uraufführung zur Neubesichtigung freigegeben (Thalia-Theater, Regie: Tiit Ojasoo, Ene-Liis Semper).

Hinterhäusers ganze Verve gehört auch dem rätselhaften Romeo Castellucci, dessen Societas Raffaello Sanzio (Cesena) das alttestamentarische Buch Exodus neu vermisst (Go Down, Moses). Ewald Palmetshofer wird auf den Spuren Christopher Marlowes Edward II. neu dichten (Regie: Nora Schlocker), Talent Simon Stone - er hat australische Wurzeln - besetzt in der Burg Ibsens John Gabriel Borkman aufregend neu und jung: mit Birgit Minichmayr, Caroline Peters und Martin Wuttke.

Einen Schlussstein setzt Frank Castorf hinter seine langjährige Beschäftigung mit Dostojewskis Roman-"Elefanten" (Die Brüder Karamasow). Die Toneelgroep aus Amsterdam liefert Shakespeares Königsdramen als kompaktes Paket (Kings of War, Regie: Ivo van Hove). Die Veranstaltungsreihe Into the City stellt wiederum Fragen zur Politik des Erinnerns und bezieht sich auf den Schauplatz des seit 1945 inexistenten Hotels Metropole am Morzinplatz, das mit 460 Zimmern der Nazi-Gestapo als Folterwerkstätte diente.

Der Musikschwerpunkt heißt heuer "Hommage an Mieczyslaw Weinberg" und stellt - nach Galina Ustvolskaya - wiederum einen eigenwilligen Schostakowitsch-Schüler mit Konzerten ins Rampenlicht. Gidon Kremer musiziert mit seiner Kremerata Baltica.

Wegen der umfassenden Inbeschlagnahme der Stadt durch den Song Contest feiert man die Festwochen-Eröffnung heuer am 14. Mai in Schönbrunn, im Rahmen des philharmonischen Sommernachtskonzerts. (Ronald Pohl, DER STANDARD, 18.12.2014)