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ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz.

Foto: APA/Techt

Wien - Diesen 18. Dezember 2014 sieht Alexander Wrabetz schon in die Geschichtsbücher eingehen. "Eine der historischen Sitzungen der letzten 30 Jahre."

Was geschah? Die Stiftungsräte haben einem neuen Kollektivvertrag für den ORF zugestimmt, sie haben ein Budget für 2015 beschlossen und dem ORF-Boss aufgetragen, weiter an einer neuen, multimedialen Struktur für den ORF zu basteln. Im März soll er den Stiftungsräten vorlegen, wann alle ORF-Sender Chefs mit eigenen Budgets haben sollen.

Das dürfte 2015 passieren - und jener von Ö1 nach dem Protestmail eher nicht Peter Klein heißen, ließ Wrabetz durchklingen. Für Information und Programm dürfte das Direktionen über alle ORF-Medien bedeuten. Wrabetz schließt auch da Änderungen vor der Mitte 2016 geplanten Wahl nicht aus.

Was also ist so historisch? Die Neuorganisation sei gravierend wie 40 Jahre nicht. Und Wrabetz sieht den (dritten) Kollektivvertrag als ersten "Meilenstein" nach der Freien Betriebsvereinbarung (FBV) von 1961.

Geringere Personalkosten

Finanzdirektor Richard Grasl erwartet dank KV um einen "dreistelligen Millionenbetrag" weniger Personalaufwand - kumuliert über 15 bis 20 Jahre 150 bis 200 Millionen Euro weniger.

Historisch wirken auch die Zahlen der anstehenden Pensionen: In den nächsten zehn Jahren sollen 1000 von 3000 ORF-Angestellten (ohne Hundertschaften in Tochterfirmen) in Pension gehen. Das trifft sich gut: m Schnitt sind die ORF-Mitarbeiter mit 47 relativ alt, sagt Wrabetz: "Wir haben zu wenige junge Mitarbeiter." Das findet auch Betriebs- und Stiftungsrat Robert Ziegler - und stimmte als Einziger gegen den KV: Ihm fehlt darin etwa "eine klare personelle Zukunftsperspektive, gezielt junge Kolleginnen und Kollegen ins Haus zu holen." Wie Ziegler vermissen Länder-Stiftungsräte Anstellungen in den Landestudios. Die gibt es nur bei mehr Output, sagt Wrabetz - der 2015 über Länderkurznachrichten vor der ZiB 2 entscheiden will.

"Kein Aufschub" für Struktur

Die Belegschaft beschäftigten andere Zukunftsperspektiven: Mit Sanierung und Neubau des Newscenters soll es im ORF für vier Mitarbeiter nur noch drei Schreibtische geben. 3800 Leute haben derzeit 2800 Schreibtische - und nach den Plänen laut Betriebsrat nur noch 2200. Dazu 800 "Arbeitsmöglichkeiten" - Stehpulte, Sitzgruppen. Der Schlüssel verdirbt Küniglbergern nun die Laune fast wie jenen im Funkhaus, die künftig auf den Berg müssen.

Der neue Schreibtisch-Schlüssel gilt (wie Frauenquoten) nicht für die ORF-Geschäftsführung. Die könnte nach den Strukturplänen von vier auf fünf aufgestockt werden (dafür müsste das Gesetz geändert werden). "Beide Varianten" nennt Wrabetz "möglich". Insgesamt solle es aber "weniger Führungspersonal" geben.

"Eine Masse" Leitungsfunktionen sieht indes Thomas Zach, bürgerlicher Leiter des Finanzausschusses des Stiftungsrats. Und er drängt auf Umsetzung der neuen Führungsstrukturen: "Das Richtige duldet keinen Aufschub." Wenn es nur den "Binnenpluralismus stärkt", sagt er. Aber: Ein Multimedia-Infodirektor widerspräche dem nicht.

Sollte man womöglich rascher die Direktoren neu definieren (und bestellen). "Umsetzung ist Sache der Geschäftsführung", sagt Zach, "jedem ist unbenommen, radikale Maßnahmen zu setzen. Aber das ist kein Rat."

Medienhistorisch wäre, wenn Wrabetz eine zweite Wiederwahl in Folge gelingt. Die schaffte nicht einmal Gerd Bacher. (fid, DER STANDARD, 19.12.2014)