Großzügige Geste: "U want a piece of me?" (2014), Wandinstallation von Verena Dengler in der Wiener Galerie Meyer Kainer.

Foto: Marcel Koehler

Eigentlich gibt es im Hauptraum der Galerie Meyer Kainer schon lange kein Fenster mehr. Verena Dengler hat den "White Cube" jedoch wieder aufmachen lassen, damit man auch von außen ihr riesiges Porträt sieht: U want a piece of me? titelt die Installation, und wenn man sich umschaut, weiß man schnell, was sie meint.

Kaum eine Arbeit kommt in der Schau ohne ein Porträt Denglers aus, die mit "piece" offenbar weniger ein einzelnes Kunstwerk als vielmehr ein Stück von sich selbst bezeichnet.

Solche "Stücke" zeigt etwa eine Serie von Zeichnungen, in der sie sich in ihrer Rolle als Model und Muse zeigt: Ausgangspunkt waren Fotos, Videostills und Zeichnungen befreundeter Künstler, denen Dengler in den letzten Jahren Porträt stand. Nun hat sie sich diese wieder angeeignet, indem sie die verschiedenen Arbeiten von Josephine Pryde, Will Benedict, Tanja Widmann oder Lucy McKenzie "abgepaust" hat. Ein Blatt gibt sogar noch ein bisschen mehr Preis: Die "Kopie" ihres Porträts von John Kelsey ist im Bildtitel mit dem Zusatz "Please Respect My Decision to End this Long Distance Relationship Because It Is Not Working for Me" versehen.

Die Künstlerin füttert damit den Gossip, der ähnlich wie das Namedropping bekanntlich ein wichtiger Bestandteil des Kunstbetriebs ist: So heißt eine zu passierende Skulptur, die aus dem in Schreibschrift gegossenen Wort und einer Art Wäscheleine (mit einer weiteren Porträtskizze) besteht.

Neben ihrem eigenen Namen, den Dengler in ihren Ausstellungstiteln immer wieder dadaistisch verkehrt (dieses Mal in Bezug auf den Dylan-Song Tangled Up In Blue), tauchen aktuell auch noch Banksy und ein namentlich nicht schwer identifizierbares "Vorbild" auf: Daddy went on a business trip and all I got was this lousy Hotel stationary lautet die einmal mehr auf Porträts basierende Serie, für die sie quasi "nach" Kippenberger auf Hotelbriefpapier gezeichnet hat. Dengler nimmt sich damit zwar keineswegs aus dem Fanclub des Künstlerkünstlers heraus, allerdings fügt sie dem Ganzen mit dem Wort Daddy eine ironische Note hinzu.

Spott und Hohn tauchen nicht nur in Denglers Werktiteln auf, es sind auch Mittel, mit denen die feministisch informierte Künstlerin immer wieder gearbeitet hat. Etwa wenn sie das Softy-Buch Wenn Männer lieben lernen von Wilfried Wieck in ihre Installation Identity integriert oder klassische Ratgeberworte wie "Freude, Leben, Tun, Denken, Wachstum oder Inspiration" zum Teil ihres Selbstbildes macht.

Obwohl sich Dengler als Figur insgesamt nie festlegen lässt, kommt sie in der Auseinandersetzung damit aktuellen gesellschaftlichen Realitäten um einiges näher als in ihrer Mumok-Personale, wo ihr Interesse an den Phantastischen Realisten etwas weit hergeholt wirkte. Um einiges spannender ist da in der aktuellen Präsentation schon allein die Lektüre ihres Essays, in dem sie sich unter dem Pseudonym Dr. Envy Nordpol Gedanken zum Tod des Autors, Jonathan Franzens "Kraus-Projekt" und natürlich ihrer eigenen Rolle im Kunstfeld macht. (Christa Benzer, Album, DER STANDARD, 20./21.12.2014)