Dass die monatelange Belagerung der Sinjar-Berge durch die Terrormilizen des "Islamischen Staats" (IS) durchbrochen ist, hat nicht nur militärische, sondern auch eine große psychologische Bedeutung. Die kurdischen Peschmerga, denen im August vorgeworfen wurde, sie hätten die Jesiden von Sinjar im Stich gelassen, waren bei der Operation führend, die von Luftangriffen der Anti-IS-Allianz, aber offenbar auch von irakischen CTS-Leuten (Terrorismus-Abwehr) unterstützt wurde.

Der Eindruck der vergangenen Wochen verstärkt sich, dass die IS im Irak angeschlagen ist - wenngleich noch lange nicht geschlagen. Es gelingt ihr immer wieder, woanders Druck zu erzeugen, wie zuletzt in Samarra, in Haditha oder zuvor sogar am Flughafen Bagdad. Vor allem aber läuft es in Syrien keineswegs gut: Dort wechseln zurzeit vermehrt vermeintlich "moderate" Rebellengruppen - auch solche, die auf US-Soldlisten stehen - zur IS über.

Im Irak droht wiederum die Gefahr, dass im entscheidenden Moment ethnische und konfessionelle Differenzen der IS helfen: Je näher eine mögliche Operation in Mossul kommt, desto lauter wird die Frage, ob sich die dortigen Araber von Peschmerga befreien lassen wollen - oder diese als neue Eroberer betrachten würden. Und in der umstrittenen, jetzt kurdisch kontrollierten Stadt Kirkuk haben arabische Studenten den kurdischen "Tag der Fahne" am 17. Dezember mit dem Hissen des IS-Banners begangen. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 20.12.2014)