Die Klagsflut zwischen Österreich und Bayern rund um die Hypo Alpe Adria hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Mit dem Vorwurf der arglistigen Täuschung will die Republik eine Nachzahlung durchsetzen. Ob der neue juristische Kunstgriff gelingt, steht in den Sternen. Es wird ja auch an zahlreichen anderen Fronten heftig gestritten. Die komplexen und teilweise ineinandergreifenden Verfahren sind kaum noch überblickbar und legen den Schluss nahe, dass Wien und München vom Gerichtssaal an den Verhandlungstisch wechseln sollten.

Immerhin könnte die am Freitag eingebrachte Anfechtung der unseligen Verstaatlichung Ende 2009 die Position für einen Generalvergleich etwas verbessern. Allzu viel sollte man sich davon aber nicht versprechen, sind doch die Fronten ebenso verhärtet, wie der Karren verfahren ist. Was noch schwerer wiegt: Für jedes Nachgeben würden die handelnden Politiker wegen der emotional aufgeschaukelten Atmosphäre von der Heimkulisse ausgepfiffen werden.

Die Klage an sich müsste schon fundierte Indizien für eine Täuschung durch die Bayern beinhalten, denn aus Jux und Tollerei werden Rechtsgeschäfte volljähriger Wirtschaftstreibender nicht beeinsprucht. Zu groß wäre die Verunsicherung im täglichen Geschäftsleben. Im mit anderen Grundlagen, aber ähnlichen Argumenten laufenden Eigenkapitalersatzprozess in München hat die Hypo-Nachfolgerin Heta jedenfalls nicht mit stichhaltigen Beweisen geglänzt, wonach die Bayern über eine (noch) schlechtere Verfassung der Bank Bescheid gewusst hätten. Ironie des Schicksals oder Folge dürftiger Verhandlungskunst: Selbst wenn die Heta in München obsiegen sollte, dürfte das Geld in Bayern bleiben, weil der Bund beim Verkauf der Südosteuropabanken für die Kredite der einstigen Mutterbank garantiert.

Und auch beim Schuldenschnitt der Hypo, mit dem die BayernLB um 800 Millionen Euro erleichtert wird, hängen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und wohl auch dem Europäischen Gerichtshof als Damoklesschwert über der Republik. Unter dem Strich lastet ein beachtliches Prozessrisiko auf dem Bund, vielleicht ein zu hohes. Das soll nicht heißen, dass nicht alles unternommen werden muss, um einen möglichst hohen Nachschlag von der BayernLB zu erhalten. Doch ernsthaft und rasch kann München nur mit einer Insolvenz der Heta zur Kasse gebeten werden. Damit würde nicht nur viel Hypo-Ballast abgeworfen, sondern - im Unterschied zum gesetzlichen Schuldenschnitt - auch rechtsstaatlich sauber agiert werden.

Bisher schreckte die Politik wegen der Kärntner Landeshaftung vor diesem Schritt zurück. Ob die Regierung angesichts wachsender Hypo-Finanzlöcher und der Kritik am bisherigen Umgang durch die Untersuchungskommission dieses Szenario noch länger ausschließen kann? Das Verhalten der Kärntner Regierung rechtfertigt jedenfalls nicht, das Bundesland vor einer Folgeinsolvenz zu bewahren. Im Gegenteil: Die Problemverursacher delegierten die Verantwortung an die Republik, um ihr dann in der Frage einer Entschädigung noch auf der Nase herumzutanzen.

Gewiss: Das Risiko einer Heta-Pleite kann nur schwer kalkuliert werden. Doch das gilt genauso für die ständig steigenden Lasten aus der Abwicklung der Hypo und für den Ausgang der vielen Monsterverfahren. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 20.12.2014)