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Manche Kritiker erhalten bis zu 30 Amazon-Packerln pro Tag

Foto: APA/EPA/Zucchi

Sie sind ein essenzieller Teil der "Amazon-Community" und für viele Nutzer extrem hilfreich: Amazons Top-Rezensenten, die teilweise schon tausende Kritiken verfasst haben. Bezahlt werden die Hobby-Kritiker zwar nicht, dafür bekommen manche von ihnen hunderte Produkte gratis – nämlich dann, wenn sie es in Amazons "Vine"-Programm schaffen.

Produkte dürfen behalten werden

An "Vine" (nicht zu verwechseln mit Twitters gleichnamigem Videodienst) nehmen zahlreiche Unternehmen teil. Sie wollen, dass Top-Rezensenten ihre Produkte auf Amazon bewerten. Daher stellen sie Amazon ein Kontingent zur Verfügung, das der Onlinehändler an seine "Top-Rezensenten" verteilt – ganz wie im klassischen Journalismus auch Hersteller Produkte an Tester vermitteln. Im Unterschied zu Journalisten dürfen die Amazon-Tester aber ihre Testprodukte behalten, einzig der Wiederverkauf ist verboten.

Zwietracht unter Rezensenten

Es besteht auch kein Zwang, die Gegenstände positiv zu beurteilen, versichert Amazon. Das Programm läuft seit sieben Jahren – und hat auch für Zwietracht unter den Rezensenten gesorgt. Denn nur ein elitärer Kreis an Top-Kritikern wird aufgenommen, andere bleiben außen vor oder werden wieder ausgeschlossen. Wann es jemand in diese Riege schafft, ist unklar: Amazon berechnet den Status aus unterschiedlichen Faktoren, wichtig sind jedenfalls die Anzahl der Reviews (meist über 2.000) und die Bewertung der Rezension als "hilfreich" durch Amazon-Nutzer.

Zwischen 15 und 30 Kartons pro Tag

Mandy Payne ist eine dieser Top-Kritikerinnen. Im Gespräch mit dem Boston Globe gibt sie an, "bizarr viel Zeug" zu erhalten. Täglich sollen zwischen 15 und 30 Kartons mit Waren bei ihr eintrudeln. Eine andere, in Amazon-Kreisen legendäre Rezensentin namens Joanne Daneman erzählt von "Stroboskop-Leuchten, Grünem Tee, 'Zombie Kits', Druckern, Bügeleisen, Baby-Spielzeig" und vielem mehr, das sie durch Vine erhalten hat.

Todesdrohungen und Hass-Mails

Allerdings ist das Leben als Top-Rezensent nicht nur ein Zuckerschlecken: Oftmals erhielten die Kritiker auch Hass-Mails oder sogar Todesdrohungen. Dabei handelt es sich einerseits um frustrierte andere Rezensenten, die es nicht ins Vine-Programm geschafft haben. Aber auch Kunden, die sich falsch beraten fühlen, beschimpfen die Kritiker. Daneman nimmt das aber in Kauf – Rezensionen sind ihre Leidenschaft, die zum "Community"-Gedanken des Internets beitragen sollen. (fsc, derStandard.at, 21.12.2014)