Wien - Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) lehnt den Regierungsentwurf für ein neues Islamgesetz ausdrücklich ab. Vor allem das Verbot der Auslandsfinanzierung und der Umstand, dass kein eigenes Gesetz für die IGGiÖ geschaffen wird, stößt auf Kritik der Glaubensgemeinschaft. Der zuständige Minister Josef Ostermayer (SPÖ) signalisierte eng eingegrenzte Gesprächsbereitschaft, nämlich nur in der Frage des Entzugs der Rechtspersönlichkeit. Aber: "Es hat niemand ein inhaltlich losgelöstes allgemeines Vetorecht", betonte er.

Eine entsprechende Stellungnahme des Obersten Rates, sozusagen die Regierung der IGGiÖ, hat der Schurarat, quasi das "Parlament" der Glaubensgemeinschaft, bekräftigt. Es werden zwar Verbesserungen im Vergleich zum Begutachtungsentwurf anerkannt, gleichzeitig hält die IGGiÖ ihre Kritik aus dem Begutachtungsverfahren jedoch aufrecht.

"Eine Art des Verdachts"

"Die ausdrückliche Festlegung des Primats des österreichischen Rechts im Gesetzestext erschien vor dem Hintergrund, dass kein anderes Religionsgesetz dieses so formuliert, als eine Art des Verdachts mangelnder Loyalität der Muslime. Dabei ist der Vorrang des österreichischen Rechts für Muslime in Österreich eine Selbstverständlichkeit, die sie in der Verfassung der IGGiÖ selbst bekräftigt haben", heißt es in der Stellungnahme der IGGiÖ.

Zwar räume die vom Ministerrat beschlossene Regierungsvorlage der IGGiÖ nunmehr einen eigenen Abschnitt ein, keineswegs beseitige dies aber die Kritik an der "verfehlten Konzeption des Entwurfes". In der Tradition des Islamgesetzes von 1912 wird ein Gesetz für die IGGiÖ, die Islamische Glaubensgemeinschaft, die die vier sunnitischen und drei schiitischen Richtungen des Islams einschließt, gefordert. "Sonst können sich Muslime mit diesem Gesetz nicht identifizieren", heißt es in einer Aussendung.

Kein "Christengesetz"

Andere Religionsgesellschaften sollten in einem eigenen Gesetz behandelt werden, so wie es auch kein "Christengesetz" für verschiedene christliche Konfessionen gibt.

Die IGGiÖ beklagt, dass sie wie eine neu gegründete Religionsgesellschaft behandelt werde und vom Bundeskanzler sogar – nach Maßgabe völlig unbestimmter Gründe – "aufgehoben" werden könne. "Dies mag mangels Beobachtungsphase für neu zu gründende Religionsgesellschaften nachvollziehbar scheinen, entbehrt jedoch im Falle der lange bestehenden IGGiÖ jeglicher sachlicher Rechtfertigung."

"Verwirrungen" über theologische Fakultät

"Verwirrungen" und Probleme erwartet die IGGiÖ dadurch, dass die zu gründende theologische Fakultät im allgemeinen Teil und nicht im spezifischen, für die IGGiÖ vorgesehenen Teil behandelt wird. Außerdem fehle eine ausdrückliche Bestimmung im Gesetzestext (nicht nur in den Erläuterungen) zu der erforderlichen Mitgliedschaft des Lehrpersonals bei der IGGiÖ. Hier wird Klarheit gefordert, wie dies auch im Protestantengesetz der Fall sei.

"Schlechterstellung" bei Geld aus dem Ausland

Die Bestimmungen hinsichtlich des Verbots von Auslandsfinanzierung bilden für die IGGiÖ weiterhin "eine deutliche Schlechterstellung gegenüber anderen anerkannten Religionsgesellschaften und gefährden den laufenden Betrieb anerkannter Vereine, die in ihrer Tätigkeit längst zunehmend ein selbstständiges österreichisches Profil entwickeln".

Die IGGiÖ anerkennt aber gleichzeitig die Bestrebungen der Bundesregierung, ihren Anliegen zumindest teilweise Rechnung zu tragen. So wird etwa positiv vermerkt, dass die Regierungsvorlage im Unterschied zum Begutachtungsentwurf nunmehr "die Schaffung von Rechtspersönlichkeiten nach innerreligionsgesellschaftlichem Recht, die seelsorgerische Amtsverschwiegenheit, den ausdrücklichen Schutz der Feiertage sowie des Freitagsgebets vorsieht". (APA, 22.12.2014)