Bild nicht mehr verfügbar.

Weil die Bauwirtschaft in den kalten Wintermonaten weniger Menschen beschäftigt, steigt die Arbeitslosigkeit derzeit stark.

Foto: reuters/helgren

Wien – Der heimische Arbeitsmarkt startet mit einem schweren Rucksack in das neue Jahr. Mit Ende des Jahres erreichte die Arbeitslosenrate wieder einen Rekordwert. Das liegt vor allem daran, dass im Winter saisonale Arbeiten wie etwa jene in der Bauwirtschaft wegfallen. Zum ersten Mal liegt die offizielle Rate über zehn Prozent. Ende Dezember zählten fast 400.000 Menschen als arbeitslos. Dazu kommen noch einmal über 60.000 Arbeitslose in AMS-Schulungen.

Ein genauer Blick hinter die Zahlen zeigt aber, dass sich die Lage derzeit nicht verschlechtert. Der starke Anstieg liegt vor allem daran, dass es in warmen Monaten traditionell mehr Jobs gibt als in kalten. Rechnet man diesen Effekt weg, dann ist die Arbeitslosenrate seit September nicht mehr gestiegen. Das hat das Wifo für den STANDARD errechnet.

Zur Berechnung der um saisonale Effekte angepassten Quote nehmen die Forscher die aktuelle Arbeitslosenrate her, im Dezember lag sie ohne Schulungen bei 10,2 Prozent (inklusive Schulungen bei 11,6 Prozent). Dann stellen sie sich die Frage: Wie hoch wäre die Arbeitslosenrate im Jahresschnitt, wenn die Wirtschaft in derselben Verfassung wäre wie im Dezember? Sie lassen es im Prinzip im Sommer etwas schneien und schenken dem Winter ein paar Grad mehr. Die Grafik zeigt, dass der Anstieg heuer vor allem zwischen Jänner und Juni stattfand. Das Wifo kommt für den Dezember auf eine so berechnete Rate von 8,6 Prozent.

Allerdings sind die Aussichten alles andere als rosig. Die Wirtschaftsforscher rechnen damit, dass die österreichische Konjunktur auch heuer nicht in Schwung kommt. Eine Normalisierung des Arbeitsmarktes ist also nicht in Sicht. Über die vergangenen zwölf Monate hinweg ist die Arbeitslosenrate ohne Schulungen um 0,8 Prozentpunkte auf 8,4 Prozent gestiegen. Die Zahl für Dezember beruht auf Schätzungen. Vor der Krise lag der Wert bei 5,9 Prozent.

Für heuer rechnet das Wifo mit einem weiteren Anstieg auf 8,9 Prozent. Rechnet man die Arbeitslosen in Schulung dazu, soll sie über das Jahr im Schnitt 10,6 Prozent betragen. "Selbst wenn das Wirtschaftswachstum im Laufe des Jahres anziehen sollte, rechnen wir nicht mit einer unmittelbar positiven Reaktion am Arbeitsmarkt", sagt der Wifo-Ökonom Helmut Mahringer. Auch die Zahl der Menschen in Kurzarbeit stieg zuletzt auf 3.900 Anfang Dezember. AMS-Vorstand Herbert Buchinger rechnet für heuer mit einem Anstieg auf etwa 10.000.

Im regionalen Vergleich ist die Arbeitslosigkeit in Wien im Vergleich mit dem Vorjahr am stärksten angestiegen. In Wien waren im Dezember 127.601 Menschen ohne Job, 15,6 Prozent mehr als im Vorjahr. In Salzburg lag das Plus bei 10,8 Prozent. In Steiermark, Tirol, Oberösterreich und Niederösterreich lag der Anstieg zwischen 6,6 und 7,1 Prozent. Am besten schneiden Vorarlberg (+ 4,7 Prozent), Kärnten (+ 1,8 Prozent) und das Burgenland (+ 0,7 Prozent) ab.

Die düstere Lage am Arbeitsmarkt trifft vor allem Zeitarbeiter. Bei diesen ist der Anstieg gegenüber dem Dezember des Vorjahres am höchsten. Er beträgt 12,5 Prozent. Im Tourismus beträgt der Anstieg 10,1 Prozent, im Handel 8,7 Prozent, in der Herstellung von Waren 4,6 Prozent und im Bau 2,3 Prozent. Der niedrige Anstieg im Bau ist kein Widerspruch zur steigenden saisonalen Arbeitslosigkeit. Der Vergleich mit dem Dezember des Vorjahres zeigt nur, dass derselbe Effekt auch 2013 auftrat.

Beim Blick auf das Vorjahr fallen zwei Gruppen auf. Es gibt deutlich mehr Langzeitarbeitslose und Arbeitslose über 50. Der Anstieg der Menschen, die länger als zwölf Monate keinen Job haben, liegt laut Mahringer vor allem daran, dass das AMS jetzt wählerischer bei der Vergabe von Schulungen ist. "Die Schulungen wurden zuvor zur Erreichung der AMS-internen Ziele verwendet. Man wollte die Leute nicht in Langzeitarbeitslosigkeit übertreten lassen", sagt er. Wer vor Ablauf der zwölf Monate in eine Schulung gesteckt wird, fällt aus der Statistik heraus. Der Anteil der Schulungsteilnehmer an den gesamten Arbeitslosen ist seit 2010 um knapp ein Fünftel zurückgegangen.

Außerdem gab es im Vorjahr deutlich mehr ältere Arbeitslose. Ende Dezember 2010 waren etwa 60.000 Menschen über 50 arbeitslos. Mit Ende 2014 ist dieser Wert auf fast 100.000 gestiegen. Das liegt aber vor allem daran, dass die österreichische Bevölkerung altert: Es gibt schlicht viel mehr Beschäftigte, die älter als 50 sind. Die Arbeitslosenrate ist über alle Altersgruppen hinweg im Vorjahr von 7,6 auf 8,4 Prozent gestiegen. Bei den Älteren ist sie von 8,2 auf 9,1 Prozent gestiegen. Der Anstieg war also nur 0,1 Prozentpunkte höher als im Schnitt.

In der Gruppe der Ausländer ist dieser Anstieg schon deutlich stärker. Dort ist die Arbeitslosigkeit von 10,7 Prozent auf 12,1 Prozent gestiegen – ein Plus von 1,4 Prozentpunkten. (sat, derStandard.at, 2.1.2015)