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Das Russland-Geschäft ist nicht nur für Raiffeisen anstrengend geworden.

Foto: Reuters/Demjaniuk

Russischen Medienberichten zufolge könnte die Raiffeisen Bank International (RBI) ihr Russland- und Osteuropageschäft deutlich zurückfahren. Der Grund dafür sind steigende Risiken und fallende Profite. RBI-Vorstandschef Karl Sevelda hatte in einem Interview mit der Raiffeisenzeitung erklärt, die Bank werde alle Märkte und Businesssegmente unter die Lupe nehmen und eine Entscheidung im ersten Halbjahr treffen. Dort, wo es keine befriedigenden Resultate gebe, werde das Geschäft zurückgefahren oder sogar ganz eingestellt, sagte er.

Sorgenkind der RBI bleibt die Ukraine. Eigentlich wollte die Bank ihre dortige Tochtergesellschaft Aval schon vor Jahresfrist abstoßen. Wegen der Ukraine-Krise fand sich allerdings kein Käufer für das Finanzunternehmen. Das Jahresergebnis fiel ebenfalls miserabel aus. Laut Sevelda sind Wertberichtigungen zwischen 500 und 600 Millionen Euro nötig.

Aber auch der russische Markt zeigt deutliche Krisenerscheinungen: Zwar erwartet die RBI für 2014 immer noch ein sattes Plus ihrer russischen Tochter von etwa 300 Millionen Euro. Dies ist aber wohl ein Viertel weniger als noch im Jahr zuvor. Zudem benachrichtigte die RBI ihre Aktionäre am 5. Jänner über mögliche Goodwill-Abschreibungen von 148 Millionen Euro.

Ölpreis drückt Wirtschaftswachstum

Heuer sieht die Wirtschaftsprognose für Russland düster aus: Das Negativszenario der Zentralbank sieht einen Ölpreis von 60 Dollar und einen BIP-Rückgang um vier Prozent voraus - derzeit liegt der Preis für Öl allerdings bei unter 50 Dollar. Sollte es dabei bleiben, könnte Russlands BIP um sieben Prozent einbrechen, glaubt ING-Analyst Dmitri Polewoi.

Die Ratingagentur Fitch hat die Kreditwürdigkeit Russlands auf knapp über Ramschniveau herabgestuft - mit einem negativen Ausblick.

Auch für den Finanzsektor sind harte Zeiten angebrochen, nachdem die Zentralbank kurz vor Jahresende den Leitzinssatz auf 17 Prozent angehoben hat. Der Präsident des russischen Bankenverbands Anatoli Aksakow hat Zentralbankchefin Elvira Nabiullina um eine schnelle Senkung auf zumindest 15 Prozent gebeten, da sonst das Kreditgeschäft völlig eingehe. Mittelfristig hoffen die Banken auf eine Rückkehr zum Satz von 10,5 Prozent. Das ist allerdings erst möglich, wenn die Zentralbank Inflation und Rubelsturz bremsen kann, wonach es derzeit nicht aussieht.

Aus dem Fokus

Die RBI hat einen Anteil von 1,7 Prozent am russischen Kreditmarkt. Derzeit ist die RBI allerdings vorsichtig bei der Vergabe neuer Kredite. Ein Ausbau der Aktivitäten ist aufgrund der hohen Wechselkursschwankungen extrem riskant.

Angesichts des schwierigen Umfelds soll Russland gemeinsam mit Polen von der "Fokusliste" der RBI gestrichen worden sein. Der Chef der russischen Raiffeisen-Tochter ZAO Raiffeisenbank Sergej Monin erklärte allerdings, dass der Begriff "Fokusliste" als Merkmal für besonders wichtige Märkte insgesamt bei der RBI verschwunden sei. Derzeit gebe es keine Pläne zur Einschränkung irgendwelcher Geschäftsfelder in Russland, betonte Monin.

Auf STANDARD-Anfrage in der RBI-Zentrale in Wien wurde auf nämliches Interview verwiesen, das Sevelda in der Raiffeisenzeitung gegeben hatte und in dem er sagte, "... dass unser Geschäftsverlauf in Russland nach wie vor exzellent ist und die Raiffeisenbank Russland auch 2014 ein hervorragendes Ergebnis in dreistelliger Millionenhöhe erzielen wird". Man sei in Russland eine der profitabelsten und bestgeführten Banken, betonte Sevelda. "Aber selbst bei einer Verdreifachung unserer Kreditvorsorgen würden wir in Russland noch immer schwarze Zahlen schreiben. Ich kann unseren Aktionären versichern, dass wir weiterhin risikoangepasst vorgehen werden."

Das Russlandgeschäft von Raiffeisen gestaltet sich aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage äußerst mühsam. Die Zentralbank versucht mit hohen Zinsen gegenzusteuern, was die Kreditwirtschaft lähmt. (André Ballin aus Moskau, DER STANDARD, 13.1.2015)