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EU-Kommissionspräsident Juncker will die Mitgliedsstaaten bei den Investitionen an Bord holen.

Foto: Reuters/KESSLER

In manchen Mitgliedsstaaten liege die Investitionstätigkeit noch immer 15 Prozent unter dem Niveau von 2008, vor Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise nach dem Zusammenbruch der Lehman-Bank in den USA. Es bleibe keine Zeit mehr zu warten, bis der im Dezember präsentierte Europäische Investitionsfonds für Strategische Investitionen (EFSI) auch in die Realität umgesetzt werde, appellierte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Dienstagnachmittag im Europäischen Parlament in Straßburg an die Abgeordneten, aber auch an die Mitgliedsstaaten.

Diese seien dringend eingeladen, sich an dem mit insgesamt 315 Milliarden Euro dotierten EFSI zu beteiligen, der das Ziel hat, private Investoren nach Europa zu locken, ihr Geld in Projekte zu stecken, erklärte Juncker. Seine Kommissare beschlossen am Abend einen Gesetzesvorschlag zur Einrichtung des EFSI, der gemeinsam mit Ministerrat und EU-Parlament nun erst finalisiert werden muss. Der für Infrastruktur und Beschäftigung zuständige Vizepräsident Jurkij Katainen geht davon aus, dass dies rechtzeitig vor dem Sommer abgeschlossen werden kann. Man strebe an, dass bereits vor dem Sommer die ersten Projekte konkret finanziert und gestartet werden können.

Der Gesetzesvorschlag sieht vor, dass der Fonds 315 Milliarden Volumen hat, wobei die Kommission 15 Milliarden einschießt als Startfinanzierung, weitere sechs sollen von der Europäischen Investitionsbank (EIB) kommen.

Projektpipeline

Deren Lenkungsausschuss wird den Fonds mit der Kommission leiten. Dafür wird eine Projektpipeline eingerichtet. Drittens soll es dann zur Einrichtung einer Plattform für Co-Investoren kommen. Entscheidend für die Förderung von Projekten soll sein, dass sie ökonomisch tragfähig sind, nationale Ökonomien ankurbeln.

Drei Viertel der Mittel (240 Milliarden Euro) sollen für Infrastrukturprojekte im Bereich Verkehr, Telekom, Breitbandleitungen, Innovation reserviert sein, 75 Milliarden für Klein- und Mittelbetriebe. Währungskommissar Pierre Moscovici bestätigte, dass staatliche Gelder für EFSI-Projekte nicht im Rahmen der Schuldenlimits im Euro-Stabilitätspakt angerechnet werden. Österreich hat für den EFSI Projekte im Volumen von 28 Milliarden Euro eingereicht.

Auf der Wunschliste der Regierung in Wien steht dabei etwa der Ausbau einer Mur-Staustufe in Graz-Puntigam ebenso wie ein grenzüberschreitendes Bahnprojekt von Hartberg nach Steinamanger/Szombathely in Ungarn, einige offene Autobahn- und Schnellstraßenprojekte ebenso wie solche zum Ausbau von schnellen Datennetzen. Die Entscheidung, welche Projekte letztlich akzeptiert werden, trifft ein Investitionskomitee von sechs Experten des EFSI.

Was Juncker ebenfalls ankündigte: Die EU-Kommission bietet Defizitsündern wie Frankreich oder Spanien unter ganz bestimmten Bedingungen mehr Spielraum beim Sparen an. Falls Länder mit einem überhöhten Defizit von mehr als drei Prozent einen glaubwürdigen Reformplan anbieten, kann die EU-Behörde ihnen mehr Zeit einräumen, um die Finanzen in den Griff zu bekommen. Die Regeln des Euro-Stabilitätspakts würden nicht geändert, sondern nur flexibler ausgelegt, machte Juncker deutlich. (Thomas Mayer aus Straßburg, DER STANDARD, 14.1.2015)