Zuerst die Einstellung des Verfahrens wegen der Toten der Revolution, jetzt die Aufhebung eines Korruptionsurteils: Schön langsam wird unbegreiflich, was denn die Ägypter und Ägypterinnen, die zu Beginn des Jahres 2011 zu Hunderttausenden auf den Tahrir-Platz strömten, eigentlich gegen ihren damaligen Präsidenten Hosni Mubarak hatten. Die ägyptische Justiz ist offenbar der Meinung, dass diese Volksrevolution ein Irrtum war. Das ist umso interessanter, als auch die Absetzung des Muslimbrüderpräsidenten Mohammed Morsi im Juli 2013 durch nichts anderes als Massenproteste erzwungen wurde - und auch ganz offiziell so legitimiert wird.

Wenn es nur Mubarak, ein alter, kranker Mann, wäre: Vor allem die Nachricht, dass eine Figur wie der Unternehmer Ahmed Ezz bei den kommenden Parlamentswahlen antreten will, ist ein Hohn. Wie kein anderer verkörpert er die politische und wirtschaftliche Korruption des alten Systems. Als Funktionär der Regimepartei orchestrierte er die Farce der Parlamentswahlen von 2010, die einer der Tropfen waren, die das ägyptische Fass überlaufen ließen.

Und auch das wäre alles noch erträglicher, wenn nicht gleichzeitig die Gefängnisse voll wären: mit Revolutionären von 2011, die sich das Recht, auf die Straße zu gehen, nicht wieder nehmen lassen wollten. Und die drei Al-Jazeera-Journalisten, die trotz aufgehobenen Urteils im Gefängnis bleiben müssen, darf man auch nicht vergessen. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 14.1.2015)