Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat das im Vorjahr eingeführte Gesetz, dass die Gehälter von Managern nur bis zu 500.000 Euro von Unternehmen steuerlich als Betriebsausgabe abgesetzt werden können, als verfassungskonform bestätigt. Das Erkenntnis der Höchstrichter ist inhaltlich gut und richtig, nur zeigt das Gesetz in die völlig falsche Richtung.

Grundsätzlich ist es richtig, dass eine Gesellschaft mit extrem ungleich verteilten Einkommen und Vermögen nicht erstrebenswert ist. Der gesamte Kapitalismus ist wie ein gigantisches Monopoly darauf ausgerichtet, dass ein Spieler nach dem anderen aus dem System ausscheidet, bis schließlich ein Mensch auf der Welt alle Güter besitzt. In dieser reinen Form ist der Kapitalismus gesellschaftlich völlig untragbar.

Für eine Lenkung

Insofern ist es notwendig und wichtig, dass der Staat durch Lenkungsmaßnahmen eingreift, um ein Ausscheiden der Spieler – also ein Absinken von Teilen der Bevölkerung in die Armut – zu vermeiden. Völlig zutreffend haben die Höchstrichter insofern festgestellt, "dass die Selbstregulierung der Wirtschaft allein nicht dazu ausreicht, den Zuwachs bei sehr hohen Gehältern und damit die sich zunehmend vergrößernde Gehaltsdisparität einzudämmen".

Vergebliche Höchstgrenzen

Die Einführung einer Höchstgrenze von Gehältern halte ich jedoch aus mehreren Gründen für bedenklich. Zum einen hat die Erfahrung gezeigt, dass gesetzliche Beschränkungen von Gehältern immer dazu führen, dass sofort nach Möglichkeiten gesucht wird, die Bestimmungen zu umgehen.

Als vor einiger Zeit die EU Bemühungen zur Begrenzung der Gehälter von Bankvorständen startete, brachten die Manager nur wenige Tage darauf im Gespräch mit mir ein halbes Dutzend Vorschläge auf den Tisch, wie sie die Regelungen legal umgehen konnten. Da die Wirtschaft viel schneller reagieren kann als die Politik, ist jede gesetzliche Begrenzung von Managergehältern zwecklos.

Einladung zur Mittelmäßigkeit

Andererseits ist das Signal des Gesetzes an die Bevölkerung fatal: Du sollst Deine Leistung bringen, aber bitte nur bis zu einer gewissen Grenze. Was zuviel ist, ist zuviel. Und was zuviel ist, bestimmt die Regierung. Jede gesetzliche Beschränkung von Einkommen ist eine Einladung zur Mittelmäßigkeit. Wer zu hoch hinaus will, ist nicht erwünscht und wird gleich abgestraft. Aus dem Gesetz spricht eine typisch österreichische Eigenschaft, nämlich der Neid.

Warum soll Österreich nicht in einer Liga mit den Topmanagern aus Deutschland, Großbritannien oder den USA mitspielen? Schließlich ist der Arbeitsmarkt für Vorstände international. Wer viel verdienen will, wird dafür auch sorgen. Anders als bei Arbeitern, die häufig einen Arbeitsplatz in der Nähe ihres Wohnorts suchen, sind Vorstände international mobil. Das Gesetz könnte sehr wohl dazu führen, dass österreichische Manager im benachbarten Ausland einen gut bezahlten Job suchen, dessen Entlohnung dort auch gesellschaftlich anerkannt ist. Die Schweizer haben bekanntlich vor ein paar Jahren eine Begrenzung der Managergehälter mit großer Mehrheit abgelehnt.

Elite und Durchschnitt

"Die vom Gesetzgeber gewählte Grenze von 500.000 Euro für die Betriebsausgabenabzugsbeschränkung liegt daher erheblich über den durchschnittlichen Jahresgesamtentgelten in Österreichs Führungsetagen", meinen die Höchstrichter und beziehen sich in ihrem Erkenntnis unter anderem auf die von mir durchgeführten Gehaltsstudien. Es ist richtig, dass dieser Betrag gegenüber dem üblichen Einkommen eines Österreichers überdurchschnittlich hoch ist. Eine halbe Million Euro ist eine Menge Geld.

Wo jedoch das maximale Verhältnis zwischen Managergehältern und Durchschnittsgehalt liegen soll, ist völlig willkürlich gewählt. Ob es 1:12 lauten soll, wie im Erkenntnis der Höchstrichter erwähnt, oder bei 1:7 oder bei 1:50 oder 1:1000, liegt ganz im Ermessen des Betrachters. Eine objektive Grenze gibt es bei Einkommen ebenso wenig wie Gerechtigkeit. Wer wieviel verdient, ist keine Frage von objektiven Maßstäben, sondern der Marktverhältnisse.

Was der Markt sagt

Eine Position ist dann fair entlohnt, wenn sie im Rahmen dessen liegt, was vergleichbare Unternehmen in ähnlichen Positionen zahlen. Dabei fehlt es in Österreich weitestgehend an exorbitant hohen Gehältern, wie es teilweise in den USA der Fall ist, bei denen manche Manager durch Stock Option-Programme mehrere Dutzend Millionen Dollar pro Jahr erzielen. Österreichs Topmanager in den großen Konzernen verdienen auf gutem europäischem Niveau. Nur in ein paar Dutzend Fällen übersteigen ihre Gehälter jedoch eine Million Euro brutto pro Jahr.

Schließlich weist das Gesetz in eine Richtung, die den intensiven Bestrebungen der Arbeitnehmervertreter konträr entgegenläuft, nämlich die Lohnkosten in Österreich zu senken. Es ist widersprüchlich, sich für die Lohnkostensenkung bei Arbeitnehmern einzusetzen und gleichzeitig eine höhere Steuerbelastung für Besserverdiener gutzuheißen.

Arbeit lohnt sich immer weniger

Das grundlegende Thema bleibt in Österreich bestehen: Unselbständige Arbeit lohnt sich immer weniger. Die Einkommen der breiten Bevölkerung stagnieren. Junge Menschen müssen für den Jobeinstieg mehr Qualifikationen als in früheren Generationen mitbringen und erzielen dabei die gleichen Einstiegsgehälter wie noch vor zehn Jahren. Die meisten Arbeitnehmer müssen sehr viel mehr für das gleiche Geld leisten.

Gleichzeitig steigen die Preise an, und insbesondere das Wohnen ist für einen einzelnen jungen Menschen fast unerschwinglich geworden. Für immer mehr Menschen wird es immer schwieriger, den Lebensstandard mit dem Einkommen aus geregelter Arbeit zu halten.

Auf der anderen Seite werden die Einkommen aus Kapital nach wie vor deutlich geringer besteuert als Arbeit. Viele Probleme in einer Gesellschaft beginnen jedoch dann, wenn sich das Zocken an Finanzmärkten mehr lohnt als produktive Arbeit. Das Gesetz über die fehlende Absetzbarkeit von Managergehältern setzt nun auch für Führungskräfte ein fatales politisches Signal, dass Aufstieg, Karriere und ein hohes Einkommen aufgrund der eigenen Arbeitsleistung in Österreich nicht erwünscht sind. Das halte ich für eine höchst bedenkliche Entwicklung. Schließlich muss sich Arbeit wieder lohnen, auch für Österreichs Topmanager. (Conrad Pramböck, derStandard.at, 15.1.2015)