Es bereite zunehmend Probleme, sagt Robert Bodenstein, Obmann der Wiener Fachgruppe Unternehmensberater, IT-Dienstleister und Buchhalter (Ubit) mit 19.000 Mitgliedern, dass die Gebietskrankenkasse Werkverträge rückwirkend "gegen den Willen der Vertragsparteien" als Dienstverhältnisse umdeute - auch wenn das Finanzamt zuvor bereits das werkvertragliche Verhältnis akzeptiert hatte. Die Folge seien immer häufiger Nachzahlungen an die Sozialversicherungsträger. Diese haben ja Auftrag und Intention, der Scheinselbstständigkeit zu Leibe zu rücken.

Bodenstein: "Die Rechtssprechung ist aber mittlerweile so weit von der Realität entfernt, dass sie nicht Schutz, sondern das genaue Gegenteil bewirkt." Nach "erfolglosen" Gesprächen mit der Wiener Gebietskrankenkasse geht die Fachgruppe Ubit jetzt in die Offensive und startet eine Kampagne für die Modernisierung der Werkverträge.

Große Rechtsunsicherheit

Flankenschutz kommt dabei nicht nur aus der Wirtschaftskammer, sondern auch durch ein Gutachten von Alexander Schopper, Universitätsprofessor am Institut für Unternehmens- und Steuerrecht an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck. "Die derzeitigen Regeln bzw. deren Auslegung beinhalten große Rechtsunsicherheit und können gravierende Folgen haben. Die Ausübung von hochqualifizierten wissensbasierten Tätigkeiten in Form eines selbstständigen Ein-Personen-Unternehmens wird bei starrer Heranziehung der Abgrenzungskriterien nahezu unmöglich", heißt es darin. In der Übersetzung der Ubit lautet das so: "Moderne Arbeitswelt von antiken Werkverträgen bedroht."

Konkret verlangt die Wirtschaftskammer vom (zuständigen Sozialministerium) nun die Anerkennung von Know-how als Betriebsmittel und damit als Beleg der tatsächlichen Selbstständigkeit. ("Unser Betriebsmittel ist im Kopf.") Anerkannt müsse weiters auch werden, dass eine völlige organisatorische Ungebundenheit bei wissensbasierten Dienstleistungen nicht mehr gegeben sein kann, weil es oft um die Kooperation in Projekten im Unternehmen gehe. Dass die gute alte "Vertretungsbefugnis" als Kriterium eines echten Werkvertrags so nicht mehr passen könne, sei ein Phänomen der Wissensgesellschaft: Know-how sei eben in Ein-Personen-Unternehmen (EPUs) personengebunden und lasse sich daher schwer vertreten.

Weiters bemesse die Gebietskrankenkasse den Zeitraum für das "abgeschlossene Werk" viel zu kurz - Projekte, in die EPUs eingebunden sind, erstreckten sich nun einmal auch über Monate. Nachzubessern sei auch beim Punkt des Weisungsrechtes, da "sachbezogene Weisung und Kontrolle die persönliche Unabhängigkeit nicht ausschließen".

Geschäftsverhindernd

Mittlerweile, legt Bodenstein an Dramatik noch etwas nach, beauftragten Unternehmen schon gar keine EPUs mehr, wenn sich das vermeiden lasse, weil die Angst vor den Folgen zu groß sei.

Wie das mit dem dauernd bejammerten Fachkräftemangel vor allem im IT-Bereich zusammenpasse? Bodenstein argumentiert damit, dass die EPUs in diesem Bereich eben nicht angestellt arbeiten wollten, sondern in ihrer eigenen unternehmerischen Struktur. Und dort bedürfe es der gesetzlichen Ermöglichung, nicht "200 Jahre alter Werkverträge".

Betroffen von dieser Problematik sieht er stark auch den Bereich Werbung und den Handel im Bereich der Handelsvertreter. (DER STANDARD, 17./18.1.2015)