Bild nicht mehr verfügbar.

Das Abwehramt im dritten Wiener Gemeindebezirk klagt über zu geringe Befugnisse im Cyberspace

Foto: APA/Jäger

Im Abwehramt strebt man offenbar nach mehr Ermittlungsbefugnissen im Cyberspace. Es gebe "empfindliche Lücken" bei den Kompetenzen der militärischen Geheimdienste, beklagt Walter Unger, der im Abwehramt die Abteilung "Elektronische Dienste" leitet. So dürfen österreichische Cyberkrieger "nicht abhören, mithören, abfangen und aufzeichnen", auch die verdeckte Ermittlung im Netz ist nur eingeschränkt zulässig. Für den Schutz militärischer Güter vor einem Cyberangriff, der die Hauptaufgabe des Abwehramts ist, sei dies laut Unger nicht ausreichend. Man müsse "auch schon im Frieden über entsprechende Maßnahmen verfügen", schreibt Unger in einem Aufsatz für die Österreichische Militärische Zeitschrift.

Sicherheitspolizei hat mehr Kompetenzen

Tatsächlich ist der Spielraum des Abwehramts im digitalen Bereich rechtlich eingeschränkt, vor allem im Vergleich zur Sicherheitspolizei. Allerdings übernehmen die polizeilichen Einrichtungen in den meisten Bedrohungsszenarien auch die Führung der Abwehr: So ist das Militär bei Cyberangriffen nur zuständig, wenn militärisches Personal oder ausschließlich militärische Einrichtungen bedroht sind. Wie Unger in seinem Artikel ausführt, würde schon bei einem Cyberangriff auf die Luftraumüberwachung die Sicherheitspolizei übernehmen, da hier auch die Sicherheit der zivilen Luftfahrt gefährdet sei. Dem Heer bliebe nur die gesetzlich geregelte "sicherheitspolitische Assistenz".

Digitale Bewegungsprofile

Der Abwehramt-Abteilungsleiter will nun eine Reihe von neuen Kompetenzen: So müssen Telekomprovider momentan nur Daten zu Telefonanschlüssen übermitteln. Das soll auch auf IP-Adressen ausgedehnt werden. Weiters will das Unger bestehende Befugnisse zur "verdeckten Ermittlung" und "Observation" ausdehnen: Offline dürfen Abwehramt-Agenten etwa Urkunden fälschen und unter falschem Namen auftreten. Außerdem können sie sich an die Fersen eines Verdächtigen heften und ihn über einen längeren Zeitraum beobachten. Im Cyberspace ist beides eingeschränkt, weshalb Unger über "digitale Bewegungsprofile" in Analogie zu Peilsendern nachdenkt.

Großes Vorbild NSA?

Auch müsse die Informationsbeschaffung über "Open Source", also für jeden zugängliche Bereiche des Internets, hinausgehen. Laut Bundesheer ist damit etwa das "Deep Web" gemeint. So könnten "als Bilder gespeicherte Daten von Dokumenten in einem vernetzten Datenträger, die verdeckt aufgezeichnet werden" laut Unger wichtige Hinweise liefern. Das sei rechtlich allerdings nicht zulässig, da für die Installation eines solchen Programms in ein Computersystem eingedrungen werden muss. Im Grunde möchte Unger, wofür die NSA seit den Snowden-Enthüllungen berüchtigt ist: Mit Trojanern "feindliche" Rechner ausspionieren.

Keine Stellungnahme

Laut dem Bundesheer spiegle der Artikel die "persönliche Meinung" des Abwehramt-Abteilungsleiters wieder. Eine Erweiterung der Kompetenzen stünde nicht auf der politischen Tagesordnung. Datenschützer Thomas Lohninger vom AKVorrat warnt im Gespräch mit dem Standard vor derlei Begehrlichkeiten: "Neue militärische Überwachungsbefugnisse sind das Letzte, was wir brauchen." Er verweist auf die Kompetenzen der Sicherheitspolizei, durch eine Aufstockung der militärischen Befugnisse entstünde eine "sinnlose Doppelung der Ressourcen".

Demo gegen Überwachung

Gegen staatliche Überwachung will der AKVorrat am Dienstag ein Zeichen setzen: Am Vormittag versammeln sich Aktivisten vor dem Innenministerium, um vor einer Wiedereinführung der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung zu warnen. In den kommenden Monaten will der AKVorrat eine umfassende Evaluierung der Überwachungsgesetze durchführen – auch militärischer Natur. (Fabian Schmid, derStandard.at, 25.1.2015)