Barbara Kellner und Christian Havranek: Fans von örtlich mobilem Arbeiten - wenn die Spielregeln passen.

Foto: Christian Fischer

STANDARD: Mobile Working ist ein Mantra der neuen Arbeitswelt. Da wird derzeit auch viel ausprobiert. Wo treten die Probleme auf?

Kellner: Überall und immer dann, wenn keine Spielregeln definiert sind, wenn nicht klar ist, was erwartet wird in puncto Erreichbarkeit und Kommunikationsverhalten.

STANDARD: Sicherheitsbedenken spielen keine so große Rolle?

Havranek: In der internationalen Konzernliga nicht. Hierzulande wird das oft von Bedenkenträgern – oft aus der hauseigenen IT-Abteilung aus spezifischen Gründen – formuliert. Das darf man aber hinterfragen.

STANDARD: Wie weit verbreitet sind Homeoffice & Co in Österreich?

Kellner: Unseren Erhebungen zufolge bieten das sechs von zehn Unternehmen an, meist anlassbezogen, um Pendler-Wege zu ersparen oder Teilzeiten besser zu ermöglichen. Von strukturierten, flächendeckenden Angeboten kann man aber noch nicht sprechen. Das wird aber kommen.

STANDARD: Sie sagen das mit großer Überzeugung, es ist ja auch nicht überall möglich, von irgendwo quasi vielleicht irgendwann zu arbeiten...

Kellner: Natürlich hängt das von Inhalt und Aufgabenbereich des Jobs ab. Aber es wird kommen, weil die Jungen das einfordern. Sie sind gewohnt, mobil und in virtuellen Teams zu arbeiten. Auch wenn derzeit noch Anwesenheit mit Leistung gleichgesetzt wird.

STANDARD: Und die Firmen sparen Bürofläche wenn möglichst Viele nicht immer da sind?

Havranek: Auch, teilweise. Aber das ist kein strategischer Zugang zum Mobile Working. Dazu bedarf es spezieller Koordinations- und Steuerungsstruktur, es stellt klassische Führung nicht nur auf den Prüfstand, sondern verlangt von ihr ganz anderes Herangehen. Da liegen natürlich auch Chancen für Effizienz – es ist ja oft nicht produktiv am immer selben Schreibtisch immer gleich im Büro. Mobile Working stellt aber auch an die Individuen andere Ansprüche in puncto Selbstorganisation, Selbstmanagement, Effizienz.

STANDARD: Und bringt damit weitere Beschleunigung...

Havranek: Ja, das tut es. Aber der Weg zurück zu 9 to 5 wird auch nicht gehen. Die neue Arbeitswelt braucht ein Mehr an Planung, Führung, Feedback. Die Frage, wohin dann die Arbeitswelt überhaupt geht, ist berechtigt. ich habe schon Kunden, die planen 100 Prozent Mobile Working für ihre Belegschaft.

STANDARD: Man sollte den guten alten vollgeräumten Schreibtisch mit all seinen über die Jahre angesammelten Nippes fotografieren, weil es ihn bald nicht mehr gibt?

Havranek: In vielen Bereichen wird das so kommen, ja. Wir reden sicher nicht von einer Mode, die wieder geht. Eine Hoffnung der Unternehmen, die sich in einen strukturierten Prozess hin zum Mobile Working begeben ist ja, dass die tote Zeit weg geht, geplanteres, organisierteres Arbeiten statt findet. Und die Mitarbeiter zufriedener, motivierter weil freier sind. Homeoffice ist heute oft ja schon auch Möglichkeit "in Ruhe" zu arbeiten.

STANDARD: Mobile Working als Quell des Lebensglücks?

Havranek: Richtig gemacht ist es eine Zukunftssicherung. Zudem lässt sich darüber Potenzial heben – etwa Teilzeit-Angestellte, die unter ihrer Qualifikation arbeiten, können so ganz andere Kompetenzen einbringen, wenig erfüllende Jobs können so neu gestaltet werden. (DER STANDARD, 31.01/01.02.2015)