Häuslbauer stehen vor der Qual der Wahl, wenn es um Baustoffe und Haustechnik geht.

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Häuslbauer mögen Bratwurst, Bier und Schnaps - und das schon nachmittags: Zumindest könnte man das meinen, wenn man die Hausbaumessen besucht, die nun landauf, landab an den Wochenenden in Messezentren und Sporthallen über die Bühne gehen. Denn die Bausaison beginnt bald - Zeit also, sich zu überlegen, wie man die Sache angehen will. Etwa bei der "HausBau + EnergieSparen Tulln" vergangenes Wochenende, die laut Organisatoren an drei Messetagen fast 20.000 Besucher anlockte.

Interessant kann so eine Hausbaumesse auch für Menschen ohne konkrete Ambitionen sein: Hier werden Whirlpools gleich neben Bettsystemen und koreanischer Handakupunkturmassage angeboten, dazwischen hetzen gestresste Häuslbauer oder -sanierer durch die Hallen, den Blick auf den Übersichtsplan in ihren Händen gerichtet: "Wir brauchen keinen Pool, wir haben keinen Platz", ruft eine entnervte Mutter, die ihr jammerndes Kind an verheißungsvoll blubbernden Wannen vorbeizerrt. Viele junge Familien sind unterwegs. Manche scheinen überwältigt vom schieren Angebot: 296 Aussteller haben sich auf 16.000 Quadratmetern breitgemacht.

"Die Vielfalt des Angebots überfordert die Messebesucher", glaubt Peter Stockreiter, Geschäftsführer der Initiative Sonnenhaus Österreich. Er hofft, mit möglichst vielen Interessierten ins Gespräch zu kommen, denn das Sonnenhaus, ein überwiegend solarbeheiztes Niedrigenergiehaus, ist in Österreich noch relativ neu. 150 derartige Häuser wurden in den letzten drei Jahren gebaut. Das Interesse daran sei grundsätzlich groß - die Konkurrenz an den anderen Ständen schläft aber nicht.

Auch Rupert Steiner von der Energie- und Umweltagentur Niederösterreich kennt die Sor- gen der Häuslbauer: In allen Bereichen - vom Organisatorischen über die Baustoffe bis hin zur Haustechnik - gebe es heute unzählige Möglichkeiten. "Diese sollen zu einem sinnvollen Ganzen zusammengefügt werden. Aber das überfordert die Leute."

Kein klarer Gewinner

Wie groß die Vielfalt ist, das weiß man auch beim Forschungsverband Austrian Cooperative Research (ACR): Für eine Studie wurde dort berechnet, welche Bauweise samt zugehöriger Technik langfristig am umweltverträglichsten und wirtschaftlichsten ist. Ein je 220 Quadratmeter großes Niedrigenergiehaus, Sonnenhaus, Passivhaus und Plusenergiehaus wurden also mit verschiedenen Baustoffen - wie etwa Holz, Beton, Ziegel - und Haustechnikvarianten - Wärmepumpe, Solarthermie, Fotovoltaik und Pelletheizung - kombiniert. So entstanden insgesamt 45 Gebäudevarianten, deren Umweltwirkungen über 100 Jahre und Lebenszykluskosten über 50 Jahre berechnet wurden.

Das Ergebnis: Es gibt keinen klaren Gewinner (oder Verlierer): "Es wäre nicht seriös, wenn wir einen bestimmten Haustyp empfehlen, der für jeden Häuslbauer von Kitzbühel bis ins Wiener Becken der beste ist", sagt Petra Johanna Sölkner, die den ACR-Forschungsschwerpunkt Nachhaltiges Bauen leitet, zum Standard. Denn auch Kriterien wie Standort und Bewohnerverhalten müssten berücksichtigt werden.

Die Ergebnisse der Studie hätten es abgewendet, dass vonseiten der Politik eine bestimmte Bauweise bevorzugt - und gefördert - werde, sagt Sölkner. Eine Verteilung von Häusern in verschiedenen energieeffizienten Bauweisen über ganz Österreich sei nämlich das Beste, so würden Schwächen einzelner Varianten ausgeglichen und Stärken genutzt.

Einheitliche Definitionen fehlen

Das macht die Sache aber nicht unbedingt leichter. "Es ist irrsinnig schwierig für jemanden, der kein Experte ist", räumt Sölkner ein: "Mir tun die Hausbauer schon leid." Oft stehe ein Verkaufsinteresse hinter Beratungsgesprächen, unabhängige Energieberater würden zu wenig Präsenz am Markt zeigen. Der Wille zum Vergleich sei bei angehenden Häuslbauern aber groß.

Das Unwissen mindestens ebenso: So fehlt beispielsweise eine einheitliche Definition von Niedrig-, Niedrigst- und Plusenergiehäusern, die Begriffe sorgen dementsprechend für Verwirrung. Außerdem halten sich Mythen hartnäckig, die Energieberatern das Leben schwermachen, wie Gerhard Los von der Energie- und Umweltagentur Niederösterreich berichtet. Das Passivhaus stoße oft auf Ablehnung; im selben Atemzug würden sich Menschen paradoxerweise aber eine für das Passivhaus charakteristische Komfortlüftungsanlage wünschen. Gerade hat Los ein junges Paar beraten, das ein altes Haus sanieren will. Nun wartet er auf weitere Interessierte: "Ich habe mir gedacht, dass sie uns heute die Tür einlaufen", wundert er sich.

Hausbauer wollen ihre Energiekosten zunehmend minimieren, sind sich die Experten einig - nicht nur aus finanziellen Gründen: "Der Umweltgedanke wird wichtiger", sagt Georg Bleimuth, EVN-Energieberater - besonders bei älteren Menschen, die es sich leisten können. "Bis 2020 wird ein Passivhaus das Mindeste sein", sagt er. Bis es so weit ist, werden aber noch viele Messen mit Bratwurstduft ins Land ziehen. (Franziska Zoidl, DER STANDARD, 31.1.2015)