Bild nicht mehr verfügbar.

Grafik: apa

Wien - "Lohnsteuer runter!" plakatiert der Österreichische Gewerkschaftsbund, und auch die Regierung hat sich längst auf eine umfassende Entlastung festgelegt. Die Konjunktur könnte den Proponenten allerdings einen Strich durch die Rechnung machen. Denn: Mit den neuesten Prognosen des Wirtschaftsforschungsinstituts steigt das Defizit deutlich über die im Budgetfahrplan angepeilten Ziele und das strukturelle Nulldefizit im Jahr 2016.

Mehr noch: Will man den Pfad einhalten, muss erst kräftig konsolidiert werden. Von einer Entlastung ist da noch gar keine Rede. Das Wifo geht bis zum Prognosenende im Jahr 2019 nur noch von einem durchschnittlichen Wachstum von 1,3 Prozent im Jahr aus. Die schwache Entwicklung bei Beschäftigung, Konsum und Einkommen drückt auf die Einnahmen, gleichzeitig belasten höhere Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung und andere konjunkturell schwankende Maßnahmen den Staatshaushalt. In Zahlen gegossen, bedeutet das: 2016 wird, so das Wifo, ein strukturelles Budgetminus von 1,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts eingefahren.

Nulldefizit wird deutlich verfehlt

Aus dem Projekt Nulldefizit in selbigem Jahr wird somit nichts, vielmehr müsste der Budgetsaldo um rund zwei Milliarden Euro verbessert werden. Schon heuer weicht das Zahlengerüst deutlich von den Planungen ab, wird das strukturelle Defizit auf 1,4 Prozent des BIPs steigen, anstatt auf ein Prozent zu sinken. Der ab einem Minus von strukturell 0,45 Prozent geltende ausgeglichene Haushalt wird laut Wifo-Prognose nun erst 2019 anstatt 2016 erreicht.

Wie Wifo-Forscher Hans Pitlik dem Standard sagt, sind in diesen Berechnungen Einnahmenausfälle im Zusammenhang mit der Steuerreform nicht berücksichtigt. Dass somit jeder Spielraum für eine Entlastung fehlt, will Pitlik so aber nicht stehenlassen. Wenn Strukturreformen ausreichend spezifiziert würden, könnte Brüssel das Verfehlen der Budgetziele vorübergehend dulden, meint er. So oder so seien jedenfalls "zusätzliche Anstrengungen erforderlich", wollte Österreich eine Nettoentlastung erreichen.

Die schlechteren Haushaltszahlen sind Ausfluss der österreichischen Wachstumsschwäche, bei der das Land bis 2016 hinter den Durchschnitt der Eurozone und auch Deutschland zurückfällt. Das schlägt am Jobmarkt voll durch, indem die Arbeitslosigkeit bis 2017 auf 5,4 Prozent weiter steigt und erst 2019 sinkt. Eine zusätzliche Problematik bringen die dürftigen Investitionen, die das Potenzialwachstum dämpfen.

Kritik gibt es an den genau vorgegebenen Berechnungen: Eigentlich wollte die EU-Kommission mit der Fokussierung auf das strukturelle Defizit die Haushalte konjunkturunabhängig beurteilen. Jetzt schnellt das Minus wegen schwächeren Wachstums dennoch in die Höhe. (as, DER STANDARD, 29.1.2015)