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Große Kraftanstrengungen erfordert die schlechte wirtschaftliche Lage in Russland nicht nur von Arbeitern in St. Petersburg, sondern auch von der Raiffeisen Bank International.

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Wien - Die Lage der Raiffeisen Bank International (RBI), die sich eine 20-prozentige Reduktion ihres Geschäftsvolumens und damit Entlastung des Eigenkapitals vorgenommen hat, beschäftigt auch die neue Aufsichtsbehörde des Instituts, die Europäische Zentralbank (EZB). Diese Woche fanden in Frankfurt Gespräche mit den Raiffeisenbankern und auch den österreichischen Aufsehern von Nationalbank und FMA statt, bei denen Eigenkapital und die Dividendenpolitik von RBI bzw. RZB thematisiert worden sind.

Wie berichtet hat die RBI für 2014 einen Verlust von bis zu 500 Mio. Euro angekündigt; sie betont aber, dass sie die erforderlichen Eigenkapitalquoten trotzdem erfüllt und das Institut mit 15 Prozent Gesamtkapital per Ende 2014 "gut kapitalisiert" sei. Und zwar, im Gegensatz zu einer missverständlichen Formulierung des Standard vom 30. Jänner, unabhängig von der nun bekanntgegebenen Redimensionierung.

Allerdings gibt es dem Vernehmen nach unterschiedliche Auffassungen zwischen Aufsehern und Bank, was die Dividendenpolitik der RBI betrifft. Die RBI möchte demnach die achtprozentige Dividende fürs Partizipationskapital, das sie im Juni 2014 an den Bund (1,75 Mrd. Euro) und im Herbst 2014 an die privaten Investoren (750 Mio. Euro) zurückgeführt hat, aliquot bezahlen. Beim Bund ginge es um rund 65 Mio. Euro, bei den Privaten um etwas mehr als 40 Mio. Euro. Angeblich möchte man in der Öffentlichkeit den Eindruck vermeiden, dass die Bank dem Staat Einnahmen quasi vorenthalte. Eine Sprecherin der RBI betont auf Anfrage, dass die Frage dieser Dividendenzahlung "noch nicht entschieden ist". Auch mit der EZB sei die Frage noch nicht geklärt.

EZB fordert Kapitalstärkung

Aus Aufsichtskreisen ist freilich zu hören, dass die Idee der Wiener, die Dividende fürs PS-Kapital trotz Verlusten auszubezahlen, bei der EZB in Frankfurt auf wenig Verständnis stoße. Selbige hat erst am Donnerstag wieder alle von ihr beaufsichtigten Institute zu einer "konservativen Dividendenpolitik" aufgefordert, um den momentanen schwierigen wirtschaftlichen und finanziellen Bedingungen Rechnung zu tragen. Statt Ausschüttungen an die Aktionäre zu tätigen, sollten sie besser ihr Eigenkapital stärken, um die ab 2019 geltenden strengen Kapitalquoten erfüllen zu können. Eine endgültige Entscheidung zu dieser Frage wird aber erst gegen Ende Februar erwartet.

Die Eigenkapitalquoten für die Jahre 2014 bis 2016, über die die Raiffeisen-Banker bei ihrer jüngsten Zusammenkunft in Frankfurt berichteten, haben sich gegenüber den Zahlen von 25. November etwas verbessert. Als Gründe dafür wurden die bis Jahresende 2014 um 4,2 Milliarden Euro verringerten "risk weighted assets" (RWA; Geschäft, das mit Eigenkapital unterlegt werden muss) angeführt, ebenso wie die Tatsache, dass 2014 eben keine Dividenden fürs PS-Kapital bezahlt worden seien.

Frisches Kapital angepeilt

Für 2017 bis 2019, so die Vorausschau, würden die Eigenkapitalquoten angesichts der neuen Finanzplanungen um 0,2 Prozentpunkte (2017) bzw. um 0,5 Prozentpunkte (2019) niedriger als angekündigt ausfallen.

Um auf die angestrebten Quoten zu kommen, muss die Bank, die derzeit in 15 Ländern Zentral- und Osteuropas tätig ist, heuer einiges an Anstrengungen unternehmen. Umso mehr als aus der geplanten Begebung einer 500-Millionen-Euro-Anleihe Ende 2014 nichts mehr geworden ist. Laut den in Frankfurt deponierten Plänen will man heuer Tier-2-Kapital im Volumen von 300 Mio. Euro holen (also nachrangige Anleihen u. ä.) und das zusätzliche Kernkapital (Additional Tier 1; AT1) heuer um 500 Millionen und nächstes Jahr um 800 Mio. Euro erhöhen. AT1 wird in der Regel über Anleihen aufgetrieben, die automatisch in hartes Eigenkapital gewandelt werden, wenn die Kernkapitalquote unter einen bestimmten Prozentsatz fällt.

Die in Frankfurt vorgelegten Berechnungen gehen davon aus, dass die RBI ihren Aktionären heuer 62 Mio. Euro an Dividenden auszahlt, nächstes Jahr 127 Mio. und 2019 bereits 248 Mio. Euro. In einem Basisszenario würden dabei 20 Prozent des Gewinns ausgeschüttet. In einem Stressszenario, in dem es zu einer Unterschreitung der Kapitalvorschriften (eventuell wegen einer Dividende) kommen würde, müsste eine Ausschüttung unterbleiben.

Für kommenden Mittwoch ist wieder ein Gesprächstermin mit Vertretern der Aufsicht in Frankfurt anberaumt. An den Börsen kommt die von der RBI angekündigte Redimensionierung weiter gut an. Nach dem hohen Kursgewinn vom Donnerstag war der Wert auch am Freitag Bestperformer an der Wiener Börse. (Renate Graber, DER STANDARD, 31.1.2015)