Der Titel ist Programm.

Foto: kunstmann verlag

Der Arztroman ist ein Genre, das als semipornografische Schundliteratur ein wenig renommiertes Dasein fristet. Denn eigentlich geht es in den billigen Heftchen immer mehr um Liebe als um Medizin. Genau das dürfte den deutschen Autor Kristof Magnusson aber gereizt haben. Nach Büchern wie "Zuhause" oder "Das war ich nicht" ist sein drittes Buch nun dieser Arztroman. Der Titel ist Programm.

Gut recherchiert

Die Leser begleiten die Notfallärztin Anita Cornelius auf ihren Einsätzen in Berlin. Das ist tatsächlich spannend, denn Magnusson hat gut recherchiert. Autounfall, Atemnot, Herzinfarkt oder doch nur Hypochonder: Das, was für Notmediziner Routine ist, ist für medizinische Laien sehr spannend.

Wie sieht die Wohnung aus? Was sagt sie über Patienten aus? Das sind Fragen, die für eine Anamnese genauso wichtig sind wie die Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Rettung und Sanitätern. Das Buch bringt einen Einblick in eine Welt, die man sonst aus eigenem Erleben als einer, der mit der Rettung abtransportiert wird, also besser nicht kennenlernen möchte.

Immer zynischer

Doch Magnusson zeigt auch die andere Seite der Medaille. Ausgebrannte Ärzte am Rande des Nervenzusammenbruchs, ein Gesundheitssystem an der Grenze des Machbaren und kaputte Menschen, die immer zynischer werden.

So gnadenlos ehrlich wie der im Buch zitierte US-Klassiker "House of God" von Samuel Shem ist dieser Arztroman leider nicht. Magnussons Schilderungen sind viel zu zahm, als dass sie die Wirklichkeit abbilden, auch was ausgebrannte Ärzte und ihr kaputtes Leben betrifft. Sex wurde in diesem Buch übrigens ausgespart, schade eigentlich. Es wäre lebensnah gewesen. (Karin Pollack, DER STANDARD, 31.1.2015/1.2.2015)