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Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Es ist nicht leicht, einen Wein in Worte zu fassen. Die Beschreibung sensorischer Eindrücke lässt Weinkritiker zuweilen an die Grenzen ihrer sprachlichen Fähigkeit stoßen. Verkostungsnotizen strotzen nur so vor Stilblüten: Von "zart blütrig unterlegten Steinobstanklängen" ist da die Rede, oder von "spätsommerlich bis herbstlich gelben Mostbirnen". Derlei Degustationsprosa mag amüsieren, gefeit davor ist aber keiner, der versucht, flüchtige Empfindungen festzuhalten.

In der Not retten sich viele in Allgemeinplätze: Jeder noch so fette Merlot wird dann als "hochelegant" bezeichnet und gnadenlos überholzten Chardonnays eine "salzige Mineralik" zugeschrieben. Wem gar nichts mehr einfällt, de erniedrigt Wein zum "idealen Speisebegleiter": ein Begriff, so animierend wie "ehelicher Beischlaf". Soll man also schweigen, worüber man nicht reden kann? Keinesfalls: Wortlos trinken endet bekanntlich allzu oft in Sauferei.

Wie aber mitteilen, was sich am Gaumen so unaussprechlich ereignet? Nüchtern betrachtet gibt es nur zwei Wege: die Reduktion auf Fakten und zweckdienliche Hinweise, was genau mit dem Wein zu tun ist, oder aber rücksichtlose Subjektivität. So wie der legendäre britische Weinkritiker Michael Broadbent, der den Duft eines Shiraz einmal mit "weißen Lilien am frischen Grab eines zu früh verstorbenen Angehörigen" verglich. Da weiß man dann auch, woran man ist. (Christina Fieber, Rondo, DER STANDARD, 20.2.2015)