"Fassungslos" über den Umgang der Justiz mit Missständen im Strafvollzug zeigt sich Amnesty International Österreich. Die vom Falter dokumentierten Vergewaltigungen weiblicher Gefangener in der Justizanstalt Josefstadt und die auf Video dokumentierten Übergriffe von Beamten auf Insassen im Gefängnis Suben hätten geahndet werden müssen – stattdessen schaue die Justiz weg oder nur halbherzig hin. Die Staatsanwaltschaft habe erst nach Druck von Medien reagiert – und auch dann nur zaghaft. Dass der Täter in der Justizanstalt Stein nicht wegen Vergewaltigung, sondern wegen Ausnützen eines Autoritätsverhältnisses angeklagt wurde, sei "unfassbar", so Generalsekretär Heinz Patzelt.

Übergriffe "vorhersehbar"

Dabei seien Übergriffe im Strafvollzug nicht als Einzelfälle zu sehen, sondern strukturell bedingt und "vorhersehbar", meint Patzelt: Seit Jahren bestehe die Justizwache in weiten Teilen aus einer "selbstherrlich agierenden Truppe", gegenüber welcher sich selbst manche Gefängnisleitungen machtlos zeigten. Dass diese Missstände aber auch von den Strafverfolgungsbehörden gedeckt werden, sei bedenklich. "Wenn der Justizminister schon ein Weisungsrecht hat, sollte er hier davon Gebrauch machen", so Patzelt.

Die Auflösung der Vollzugsdirektion sei ein erster Schritt, dem andere folgen müssten: Vor allem brauche der Strafvollzug mehr Geld, meint Patzelt. Stichwort Maßnahmenvollzug: Jahrelang sei weggeschaut worden – "jetzt schaut man endlich hin, und der Finanzminister gibt kein Geld her". (sterk, derStandard.at, 24.2.2015)