Bern/Wien - Geht es darum, Artgenossen zu helfen, dann gehen Wanderratten offenbar durchaus berechnend vor: Die Tiere stehen zum einen vor allem jenen bei, von denen sie schon einmal Unterstützung bekommen haben; darüber hinaus berücksichtigen sie dabei auch, wie wertvoll die Hilfe damals war, fand der österreichische Verhaltensökologe Michael Taborsky vom Institut für Ökologie und Evolution der Universität Bern (Schweiz) mit einer Kollegin heraus. Die Studie wurde im Fachjournal "Biology Letters" veröffentlicht.

Die Forscher ermöglichten zunächst Rattenweibchen, mit Hilfe einer Apparatur Futter in den Käfig von Artgenossinnen zu schieben. Das waren entweder von den Ratten heißgeliebte Bananenstückchen oder weniger begehrte Karotten. Am nächsten und übernächsten Tag durften sich die Beschenkten revanchieren.

Sie konnten entscheiden, ob sie jenen Ratten Haferflocken zukommen ließen, die sie zuvor mit Bananen versorgt hatten, oder jenen, die sie mit Karotten abspeisten, so die Forscher. "Die Testratten zeigten eine klare Präferenz, die Hilfe an jene Partner zurückzuzahlen, die sie mit dem bevorzugten Futter bedient haben", schrieben sie. Die Tiere hätten den vormaligen Bananen-Lieferanten auch viel schneller und häufiger geholfen, als den Karotten-Anbietern.

Wert der Hilfe entscheidet über Revanche

"Am zweiten Tag haben sie deutlicher als am ersten zwischen den Partnern unterschieden, die ihnen entweder Karotten oder Bananen gegeben haben", erklärte Taborsky. In dem Erinnerungsvermögen der Ratten sei also über längere Zeit gespeichert, dass ein Partner wertvollere Hilfe geleistet hat als ein anderer. Außerdem zeige dies, dass sie das Verhalten ihrer Artgenossinnen nicht nur kopiert haben, ohne es zu bewerten.

Es war schon bekannt, dass Affen, Fledermäuse und Ratten Hilfe zurückgeben. Bisher sei aber unklar gewesen, ob außerhalb der "Menschenwelt" der Wert der geleisteten Unterstützung in die Entscheidung einfließt, sie zu erwidern, so die Forscher.

Wenn Individuen Dienste je nach ihrem Wert erwidern, sollten die "Anbieter" hochwertige Hilfe leisten, also etwas geben, das sie besonders gut und effizient können, meinen sie. Dies könne die Spezialisierung auf bestimmte Aufgaben in sozialen Gruppen fördern. (APA/red, derStandard.at, 1.3.2015)