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In den Städten werden die Autos weniger, die Neuanschaffungen in ländlichen Gebieten kehren diesen Trend österreichweit um.

Foto: Frank Leonhardt dpa

Wien - Der Fahrzeugbestand in Österreich ist einmal mehr auf einen neuen Höchstwert angestiegen. Allein die Zahl der Personenkraftwagen ist im Vorjahr um 1,2 Prozent auf 4,67 Millionen gewachsen – ein überproportionaler Anstieg im Vergleich zur Gesamtbevölkerung, die im selben Zeitraum um 0,8 Prozent wuchs.

Laut den von Statistik Austria am Donnerstag publizierten Zahlen kommen nun auf tausend Einwohner rund 574 Pkw. Vor 30 Jahren lag dieser Wert noch bei etwa 330.

Sättigungsgrad in Städten erreicht

Während der Motorisierungsgrad in den vergangenen Jahrzehnten auch in den Städten kontinuierlich stieg, scheint dort der Sättigungsgrad nun erreicht; die Tendenz dreht sich um: In nahezu allen Ballungsräumen ging der Pkw-Bestand zwischen 2013 und 2014 zurück, etwa in Wien von 386 auf 381, in Graz von 469 auf 467 und in Linz von 513 auf 507 Fahrzeuge je tausend Einwohner.

Diesen Rückgang in urbanen Gegenden glichen die Pkw-Anschaffungen in den ländlichen Gebieten aus – und sorgten damit in ihren Bundesländern sogar noch für Gesamtzuwächse: Im Burgenland nahm der Motorisierungsgrad innerhalb eines Jahres von 633 auf 640 Pkw je tausend Bewohner zu, in Niederösterreich von 623 auf 627 und in Kärnten von 609 auf 613.

Kaum Wahlfreiheit am Land

Dieses Land-Stadt-Gefälle bestätige auch das Ergebnis einer Untersuchung des Verkehrsclubs Österreich (VCÖ), sagte Christian Gratzer vom Club bei der Präsentation am Donnerstag. In den größeren Städten sei die Wahlfreiheit bei Mobilität inzwischen so hoch, dass viele auf einen eigenen Pkw oder gar ein Zweitauto verzichten und stattdessen vermehrt auf Angebote wie Carsharing, Leihräder und den öffentlichen Verkehr ausweichen.

"Die Radfahrer" oder "die Autofahrer" seien dort als Kategorien überholt, sagte Markus Gansterer vom VCÖ: "Die überwiegende Mehrheit nutzt mehrere Verkehrsmittel häufig und kombiniert immer öfter auf einzelnen Strecken verschiedene Verkehrsmittel."

Dieser Grad an Multimodalität sei hingegen in vielen ländlichen Regionen extrem niedrig. "Die Folge: Ein große und teure Abhängigkeit vom Auto", sagte Gansterer. Indikatoren dafür seien auch der hohe Anteil an Haushalten mit Zweitautos in den Bundesländern – an der Spitze Kärnten mit 36 Prozent, Niederösterreich mit 35 Prozent und Oberösterreich mit 33 Prozent – und der Bezug des Pendlerpauschales. 700.000 Personen erhalten diese Förderung, weil ihnen die Benützung des öffentlichen Verkehrs für den Arbeitsweg nicht möglich oder zumutbar ist.

Mobilitätssanierung

Um auch abseits der Städte eine größere Freiheit in der Mobilitätswahl anzubieten, appelliert der VCÖ an die Politik und Verkehrsanbieter, die Gesetze und die Verkehrsinfrastrukturen anzupassen. "Es braucht eine Mobilitätssanierung, die auf die geänderten und zukünftigen Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung reagiert", so Gansterer.

Dass ein breiter Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel in ländlichen Gebieten kaum zu finanzieren ist, gestehen auch die Fachleute des Verkehrsclubs ein. Die Abhängigkeit vom privaten Pkw könne man aber auch durch Maßnahmen in der Raumordnung senken, etwa durch eine Eindämmung der Zersiedelung, sagte Gansterer: "Supermärkte außerhalb der Zentren und Wohnsiedlungen und neue Betriebe abseits öffentlicher und sozialer Infrastrukturen erhöhen die Auto-Abhängigkeit und in Folge die Kosten für die Haushalte und die Gemeinde."

Zudem solle in die Radinfrastruktur entlang von Freilandstraßen investiert und Bahnhöfe und Bushaltestellen am Land auch zu Knotenpunkten für Leihräder oder Carsharing-Angebote ausgebaut werden. Und nicht zuletzt sei eine Überarbeitung der Straßenverkehrsordnung geboten, die laut Gansterer noch immer zu autozentriert ist. (mcmt, derStandard.at, 26.2.2015)