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Dem VfB Stuttgart liegt das Gutachten nicht vor, der Klub will aber zur Aufklärung der Vorwürfe beitragen.

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Freiburg - Dem deutschen Sport droht ein Doping-Skandal bisher unbekannten Ausmaßes - und erstmals steht der Profi-Fußball im Fadenkreuz: Die Evaluierungskommission Freiburger Sportmedizin, die sich mit der Doping-Vergangenheit an der dortigen Universität beschäftigt, hat Beweise für flächendeckendes Doping im Radsport sowie für die Verabreichung von Anabolika bei den Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart und SC Freiburg gefunden.

Diese gehen aus den gut 60 "Klümper-Akten" hervor, die sich mit dem abgeschlossenen Betrugsverfahren gegen den damaligen Leiter der Sporttraumatologischen Spezialambulanz Armin Klümper befassen. "Erstmals" sei der "sichere Befund möglich, dass Anabolika-Doping auch im Profifußball eine signifikante Rolle spielte", schrieb Andreas Singler, Mitglied der Evaluierungskommission, der die Details ohne Rücksprache mit seinen Kollegen und gegen den Willen der Kommissionsvorsitzenden veröffentlichte.

Demnach sei in den "späten 1970er- und frühen 1980er-Jahren" beim Fußball-Bundesligisten aus Stuttgart "im größeren Umfang" und auch beim damaligen Zweitligisten aus Freiburg Anabolika-Doping vorgenommen worden.

Die neuen Erkenntnisse zum Doping im BDR und im Profifußball wurden in einem etwa 60-seitigen Sondergutachten zusammengefasst. Die Evaluierungskommission werde in den nächsten Wochen darüber beraten, ob sie diesen Text als Zwischenbericht gegebenenfalls vor Abschluss sämtlicher Arbeiten veröffentlichen will, hieß es in einer Stellungnahme.

Der SC Freiburg spielte damals in der zweiten Liga, der VfB Stuttgart aber wurde mit einem Team um die Stars Bernd und Karlheinz Förster, Karl Allgöwer, Asgeir Sigurvinsson und Dan Corneliusson 1984 deutscher Meister. Der heutige deutsche Teamchef Joachim Löw war damals bei beiden Klubs als Spieler aktiv: 1978 bis 1980 sowie 1982 bis 1984 in Freiburg, 1980/81 in Stuttgart.

An "lückenloser Aufklärung" interessiert

Der VfB Stuttgart schrieb in einer Pressemitteilung, dass ihm das Gutachten nicht vorliege. "Aus diesem Grund kann nach dem derzeitigen Kenntnisstand seitens des VfB Stuttgart nicht nachvollzogen werden, worauf die Vorwürfe fußen beziehungsweise ob und wenn ja in welcher Form sie zutreffend sind", hieß es. Festzustellen sei, "dass Prof. Klümper zu keinem Zeitpunkt Vereinsarzt des VfB Stuttgart war". Der Klub betonte, dass er "im Sinne eines sauberen Sports an der lückenlosen Aufklärung des Sachverhaltes interessiert" sei.

"Das ist absurd", sagte hingegen der ehemalige VfB-Trainer Hans-Jürgen Sundermann (1976 bis 1979 und 1980 bis 1982) zu den Erkenntnissen: "Ich kann mir das überhaupt nicht vorstellen und halte das für völlig ausgeschlossen." Immerhin bestätigte Sundermann, dass verletzte VfB-Spieler damals von Klümper behandelt wurden.

"Wenn's Spitz auf Knopf ging, da haben wir gesagt: 'Mensch Professor, ich muss am Samstag wieder ran.' Da hat man auch mal was Unvernünftiges gemacht", hatte Karlheinz Förster unlängst in einer SWR-Dokumentation gesagt.

Die Kommission hielt in ihrem Zwischenbericht ausdrücklich fest, "dass eine Zuordnung von Medikationen an einzelne, konkret zu benennende Spieler nach Auswertung der Akten der Staatsanwaltschaft Freiburg nicht möglich ist". (sid/red - 2.3.2015)