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Irlands Captain Paul O'Connell trug gegen England zum 99. Mal das grüne Nationaltrikot. Der 35-jährige Lock wird in Kürze der vierte irische Spieler mit 100 oder mehr Einberufungen sein.

Foto: reuters/mcnaughton

Dublin/Wien - Irlands Rugby-Nationalteam hat mit seinem 19:9-Sieg gegen England am Sonntag nicht nur beste Aussichten auf eine Titelverteidigung bei den Six Nations. Nein, die Grünen Buben sind nun auch das erste und einzige Team der Meisterschaftsgeschichte, das seine ersten drei Partien allesamt gewinnen konnte.

Selbstverständlich sind die Iren auch jene Mannschaft im Feld, welche als einzige noch mit einer weißen Weste, also ohne Punkteverlust dasteht. Eine logische Konsequenz aus der Tatsache, dass die englischen Trikots nämlicher Farbe gleichzeitig erste Flecken verpasst bekamen.

Robbie Henshaws Try gegen England: Steter Tropfen höhlte den Stein.
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Vor dem Anpfiff im Aviva-Stadium, der verwichenen Lansdowne Road, konnten sowohl Gastgeber wie Gäste das ein oder andere Argument zu ihren Gunsten vorbringen. Die Iren etwa jenes von der Heimstärke: seit November 2013 hatten sie vor eigenem Publikum nicht mehr klein beigeben müssen. Und damals hatte der Gegner immerhin Neuseeland geheißen; und es war auch noch verdammt knapp gewesen. Des weiteren ritt (und reitet!) die XV von Coach Joe Schmidt auf einer seit neun Partien andauernden Erfolgswelle. Die zehnte, welche auf die eigene historische Rekordmarke noch fehlte, sollte gegen den Lieblingsfeind addiert werden. (Sie wurde.)

Die Engländer wiederum liefen im Bewusstsein sämtliche der voraufgegangenen vier direkten Vergleiche für sich entschieden zu haben, mit noch breiteren Brüsten als sonst aufs Feld. Jenes Feld, auf dem sie von 13 Matches seit 1987 gleich neun hatten gewinnen können.

Verhindertes Comeback

Seine Mannen legten dann zwar überaus herrische 40 Minuten hin, doch Schmidt blieb unentspannt. Der Neuseeländer kannte die englischen Pappenheimer: "Nachdem wir sie gegen Wales gesehen haben, wussten wir, dass sie uns in der zweiten Halbzeit zusetzen würden. Aber wir haben alles herausgeholt und sie von unserer Linie weggehalten."

Schmidt rekurrierte hier auf den Auftritt der Engländer im Auftaktspiel, als sie in Wales ein deutliches Defizit noch in einen Erfolg umzumünzen fähig waren. Die Iren waren nun zwar deutlich überlegen gewesen, der Zwischenstand von 9:3 nach drei verwandelten Penalties von Johnny Sexton beließ den Gegner aber allemal noch in Schlagdistanz. Der Abstand hätte deutlich beruhigender ausfallen können, wäre Rory Best nicht im letzten Moment noch am Durchmarsch gehindert worden.

Tatsächlich entwickelte sich das Geschehen in der Folge deutlich zäher, man könnte auch sagen: ausgeglichener. Entgegen dieser Tendenz jedoch zogen die Iren zunächst weiter davon - 19:3 stand's nach dem Try von Robbie Henshaw und weiteren Erfolgen von Sextons Schuh. Des Gegners Antwort erschöpfte sich diesmal in zwei erfolgreichen Penalties von Englands blutjungem Flyhalf George Ford. 19:9. Die überwiegende Mehrheit der 51.000 Zuschauer wird wohlgelaunt über die Pubs der irischen Hauptstadt zum Post-Match-Pint gekommen sein. So weit, so gut.

Warum noch einiges gehen könnte

Kaum war die vorgebliche Vorentscheidung aber gefallen beeilten sich alle Seiten zu versichern, dass noch nichts entschieden sei. "Absolut", war die Antwort von England-Trainer Stuart Lancaster auf die Frage, ob der Titel weiterhin in Reichweite sei. Das gelte umso mehr, als sein Team nun zwei Heimspiele (gegen Schottland und Frankreich) absolvieren könne. Es sei jetzt essentiell, hier das Maximum herauszuholen.

Und Lancaster brachte richtigerweise auch die Existenz von Wales in Erinnerung. Denn dies ist, nach dem 20:13 in Paris gegen Frankreich, ein dritter Kandidat für den großen Preis - den heuer in neuem Design erstrahlenden Six-Nations-Pokal. Die Roten halten, nach ihrem vierten Triumph über die Blauen hintereinander, wie die Engländer bei vier Punkten.

Und sie spielen am 14. März Gastgeber für die Iren. "Es wird sehr hart im Millennium Stadium", weiß Schmidt. Und er weiß selbstverständlich ebenfalls, dass die Waliser auch ihre letzte Meisterschaft 2013 nach einer Heimpleite zum Auftakt erkämpft haben. Schmidt: "Kein Zweifel, dass die heuer wieder so etwas vorhaben." Es könnte für sein Team sogar noch härter werden, sollte sich die Verletzung Sextons als gravierend erweisen. Schmidts Schlüsselkraft hatte just im Moment seines gloriosen Erhöhungskicks in der 52. Minute einen Stich im Oberschenkel verspürt und musste ausgewechselt werden.

Die Punktefrage

Die Lage erscheint also durchaus komplex und es erscheint nicht unwahrscheinlich, dass wie auch im Vorjahr die Punktdifferenz die Entscheidung bringen könnte. Damals reichte den Engländern in der letzten Runde ein 52:11 in Rom nicht, um die gleichauf liegenden Iren noch zu überflügeln. Der Erfolg von Dublin mit zehn Punkten Vorsprung - der im direkten Vergleich gar einen Swing von 20 Punkten zu Ungunsten der Briten bedeutet, ist insofern natürlich signifikant. Irland weist nach drei Spieltagen nun ein Saldo von +40 aus, England (+25) und besonders Wales (+5) haben hier klaren Aufholbedarf.

Was aber immer auch auf dem Felde vorgeht, die Zuschauer strömen. 551.113 besuchten insgesamt die bisher neun Matches, mit einem daraus folgenden Schnitt von 61,235 sind die Six Nations wohl das zugkräftigste Sportformat des Kontinents. (Michael Robausch - derStandard.at, 3.3. 2015)

ERGEBNISSE, Six Nations - dritter Spieltag vom Wochenende:

Irland - England 19:9 (9:3)

Irland: Try: Robbie Henshaw (52), Conversion: Jonathan Sexton (52), Penalty Goals: Jonathan Sexton (1, 8, 29, 47)

England: Penalty Goals: George Ford (58, 67), Drop Goal: George Ford (11)

Frankreich - Wales 13:20 (3:6)

Frankreich: Try: Brice Dulin (68), Conversion: Camille Lopez (69), Penalty Goals: Camille Lopez (18, 49)

Wales : Try: Dan Biggar (60), Penalty Goals: Leigh Halfpenny (8, 29, 52, 65, 74)

Schotland - Italien 19:22 (16:15)

Schottland: Try: Mark Bennett (8), Conversion: Greig Laidlaw (8), Penalty Goals: Greig Laidlaw (2, 16, 27, 67)

Italien : Tries: Joshua Furno (10), Giovanbattista Venditti (37), Penalty Try: (80) Conversions: Kelly Haimona (38), Tommaso Allan (81), Penalty Goal: Kelly Haimona (18)

Triumph. Italiens 22:19 in Murrayfield war der erst zweite Auswärtssieg der Azzurri in der Geschichte der Six Nations.
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