Es gibt gewiss schlechtere Städte zum Leben: Marc Janko im feinsten Zwirn vor dem Sydney Opera House.

Foto: Privat

Und wieder ein Tor: Am Freitag traf Janko zum 1:0 gegen die Newcastle United Jets.

Derby-Tore machen besondere Freude: ein Doppelpack gegen die Western Sydney Wanderers.

LegorF _ rus

Ein sehenswerter Distanztreffer gegen Brisbane Roar Ende Oktober 2014.

Exspee

Support aus Österreich im Allianz Stadium.

Sydney/Wien - Marc Janko ist erleichtert, er wirkt gelöst. Die Zeit beim Sydney FC hat den Stürmer nach zwei unglückseligen Jahren in der Türkei wieder aufgepäppelt. Mit dreizehn Toren führt der 31-jährige Österreicher die Torschützenliste der australischen A-League an, zuletzt traf er neunmal in sechs Spielen. Am Freitag gelang ihm auswärts das Goldtor zum 1:0-Sieg gegen die Newcastle United Jets.

Man könnte ob dieser Hochphase in Euphorie verfallen, Janko aber schlägt sanfte Töne an. Wenn er vom Verein als "Austrian Ibrahimovic" bezeichnet wird, bringt ihn dies allenfalls zum Schmunzeln. "Dieser Vergleich ist so was von verkehrt", sagt Janko. Bis auf die Körpergröße habe er wenig mit dem schwedischen Ballkünstler gemein.

Gelebte Fußballkultur

Im Oktober bestritt Janko sein erstes Pflichtspiel für den Sydney FC, das Stadtderby gegen die Western Sydney Wanderers hinterließ nachhaltigen Eindruck. Vor 41.000 Zusehern siegten die Himmelblauen mit 3:2, nach dem entscheidenden Treffer stürmten euphorisierte Fans das Spielfeld im heimischen Allianz Stadium. "Anderswo hätte der Schiedsrichter das Match vielleicht abgebrochen, hier werden Emotionen ausgelebt", sagt Janko, der an den australischen Gepflogenheiten durchaus Gefallen findet.

In Europa, so formuliert er es überspitzt, würde ein Spieler schon die gelbe Karte sehen, wenn er beim Torjubel die Arme hebe. Der Sport sei über alle Maßen reglementiert worden. Die Fußballkultur auf dem fünften Kontinent habe hingegen eine geradezu nostalgische Note.

Playoff und Salary Cap

Dabei ist die A-League eine Spätberufene. Der erste Meister wurde 2006 unter acht Gründungsmitgliedern ermittelt, der Sydney FC kam zu Titelehren und konnte diesen Erfolg 2010 wiederholen. "Der Verein hat hohe Ansprüche", sagt Janko, "die Meisterschaft ist immer das Ziel." Derzeit liegt der Klub am fünften Platz, nur vier Punkte hinter Tabellenführer Perth Glory, ab April wird die Liga per Playoff entschieden. Spannung ist garantiert, die Gehaltsobergrenze zeigt Wirkung, keine der zehn Mannschaften kann sich qualitativ abheben. "Der Salary Cap hält das Niveau ausgeglichen, hemmt aber den spielerischen Fortschritt und verhindert ein schnelleres Wachstum." Internationalen Starspielern werden australische Youngsters zur Seite gestellt, fallen Stammkräfte aus, fehlt es den Kadern an Breite.

Ebendies widerfuhr dem Sydney FC im Dezember, sieben sieglose Spiele in Serie waren die Folge. "Der mediale Druck mag mit Europa nicht vergleichbar sein, die Ergebnisse wurden uns aber schon unter die Nase gerieben." Erst während des Asien-Cups, dem kontinentalen Pendant zur Europameisterschaft, konnten Spieler verpflichtet werden, seither läuft es wie geschmiert. Der Asien-Cup wurde in Australien ausgetragen, der Gastgeber triumphierte. "Die Nationalmannschaft wurde frenetisch gefeiert, man spürt die Aufbruchstimmung." Auch der Erfolg der Western Sydney Wanderers in der asiatischen Champions League hätte das Land verzückt.

Aufschwung nach schwierigen Zeiten

Noch könne die A-League europäischen Top-Ligen nicht das Wasser reichen. Die Luftfeuchtigkeit, der harte Boden seien der Spielkultur nicht zuträglich. "In puncto Physis kann man aber mit den Besten mithalten, die Spieler marschieren." Auch Janko nähert sich der Bestform, rund vier Monate habe er gebraucht, um sich "wieder auf die Beine zu bringen". Außer Tritt sei er zuvor gewesen, "ich habe bei Trabzonspor mental und körperlich gelitten". Die Zeit ohne Spielpraxis habe einer langwierigen Verletzung geglichen.

"Man hat mir das Blaue vom Himmel versprochen", erinnert sich Janko an seinen Transfer in die Türkei. Doch schon bei der ersten Einheit, hätte ihn der Trainer gefragt, wer er denn eigentlich sei. "Ich hätte Porto nicht verlassen sollen, aber nachher ist man immer klüger". Der portugiesische Topklub hätte Janko signalisiert, dass es am Kolumbianer Jackson Martinez kein Vorbeikommen gäbe. "Mehr als Kurzeinsätze hätte es für mich nicht gegeben und ich wollte meine Teamkarriere nicht gefährden."

Im Sommer ablösefrei

Im Sommer ist Janko ablösefrei zu haben, schon spekulieren australische Medien mit einer Rückkehr nach Europa. "Ich halte mir alle Optionen offen, kann mir aber vorstellen, hierzubleiben." Momentan gelte die Konzentration den kommenden Aufgaben, die EM-Qualifikation mit dem Nationalteam ist eine davon. "Ich genieße die Gegenwart", sagt er. Auch die in Österreich zu hörende Kritik an seinem Wechsel nach Australien könne diesen Genuss nicht trüben. "Ich bin ein Freund der Meinungsfreiheit, die einen mögen die Farbe Gelb, die anderen bevorzugen Blau. Mit Fußballspielern ist es nicht anders." (Philip Bauer, DER STANDARD, 6.3.2015)